…wenn das nicht genügend Gründe für eine Reise nach Andalusien sind. Über meine Erfahrungen in Sevilla hatte ich schon vor einigen Wochen berichtet (gourmino-express.com/Sevilla Jung, lebendig, magisch). Doch wie soll man das kulinarische Bild einer Stadt in einem Artikel von 50 Zeilen beschreiben, wenn man darüber Bücher schreiben kann. Ich wage mit einigen Tipps einen weiteren Versuch der vielseitigen Restaurant-Szene gerecht zu werden.
Wer einen romantischen Platz am Abend sucht, wird auf der kleinen Terrasse im „Mariatrifulca“ glücklich. Der Blick auf die älteste Eisenbrücke von Sevilla (Puente Isabel II) und auf den Guadalquivir ist grandios, das Angebot der Küche vielseitig, preiswert und sehr gut – ich hatte auf der Speisekarte keine Niete gezogen. Auch die Weinkarte lässt keinen Wunsch offen, kompetent das Personal, Reservierung unbedingt erforderlich!
Die älteste Tapas Bar ist angeblich die Bar „El Rinconcillo“. Absolut authentisch, tolle Atmosphäre, viele Spanier, immer voll, so eine Bar hätte ich auch gerne in München. Obwohl man im Erdgeschoss nicht reservieren kann, hatte meine Internet-Reservierung doch Erfolg – unser Tisch war zur gewünschten Zeit neu eingedeckt – vielleicht war der Zusatz „Periodista“ (Journalist) hilfreich.
Wer es ruhiger liebt, versucht sein Glück im ersten Stock, hier sitzen auch Gruppen und Familien zusammen an einem Tisch. Ruhiger lieben es offensichtlich auch die durchweg älteren Herren im Service. Stolze Spanier, kaum einer spricht englisch, sie unterhalten sich angeregt, es stören nur die nervigen Gäste…
Sehr empfehlenswert ist die Bar „La Eslava“. Modernes, eher cooles Ambiente, beste Tapas, immer voll, ohne Reservierung geht fast nichts, oder früh anstehen. Wer Glück hat erkämpft sich einen der wenigen Tische vor dem Restaurant auf dem Gehweg.
Aufgrund der sehr guten und ausgezeichneten Bewertungen auf „tripadvisor“ – Hervorragend, Viva España, sehr gut, mein Lieblingsrestaurant – habe ich die „La Catedral Bar“ besucht. Ich frage mich auch hier, waren nur Menschen mit ramponierten Geschmackspapillen unterwegs, oder hat man sich – wie so oft in diversen Portalen – gute Bewertungen gekauft. OK, vielleicht hatte der Koch einen schlechten Tag. Das Fleisch ist zäh, die Pommes frites schwimmen im Fett und die Pescaíto frito (kleine frittierte Fischchen) sind trocken und versalzen.
Die Atmosphäre ist authentisch, es ist laut, manchmal hektisch, alle Tische sind voll „touristifiziert“. Wer keinen allzu großen Anspruch an die Küche hat ist hier richtig. Man kann sich das Restaurant mit einigen Gläsern Wein aber auch schön trinken.
Ganz anders im Restaurant „Ispal“. Hier kann man gepflegt und stilvoll speisen. Auch Feinschmecker (und das Restaurant) kommen auf ihre Kosten, wobei die Degustations-Menüs, 100 % Sevilla, für 49 Euros und 69 Euros sehr preiswert sind. Das Ambiente ist rustikal-elegant, mir gefallen die bodenlangen weißen Tischdecken wie auch die gepflegte Glas- und Porzellankultur. Heiß begehrt trotz 35 Grad Celsius: Die wenigen Tische im Schatten auf der kleinen Terrasse.
Noch mehr Schatten gibt es im eindrucksvollen Königspalast Alcázar. Die Baugeschichte geht zurück bis in die maurische Zeit und noch heute benutzt die spanische Königsfamilie den Palast als offizielle Residenz, wenn sie sich in Sevilla aufhält. Kaufen sie sich ein Ticket bei einem der vom Tourismusverband lizensierten Guides, von denen man permanent angesprochen wird. Sie sind auch nicht teurer als im Internet und ersparen Stunden langes anstehen.
Ein Besuch im Alcázar ist ein absolutes Muss!
Wer die Oper liebt, kommt an der Real Fábrica de Tabacos nicht vorbei. In der ehemals königlichen Tabakfabrik arbeiteten in der Hochphase 10 000 vorwiegend weibliche Angestellte. Die bekannteste von ihnen war Carmen, fast jeder kennt die Oper von Georges Bizet.
Angeblich rollte sie die Zigarren auf ihren Schenkeln… Männerträume – solche Geschichten hatte ich auch in Havanna schon gehört. Seit 1949 ist in den Hallen der ehemaligen Fabrik die Universität von Sevilla untergebracht. Auch Gioachino Rossini komponierte eine temporeiche, komische Oper die in Sevilla handelt. „Der Barbier von Sevilla“, ist wohl der berühmteste Frisör, 200 Jahre alt, aber immer noch jung.
Jerez de la Frontera, die Welthauptstadt des Sherry
Wer sich für Sherry und Pferde interessiert, macht einen Abstecher nach Jerez de la Frontera, die Welthauptstadt des Sherry, zwischen Sevilla und Cadiz. Mindestens eine Bodega sollte man besichtigen und sich die Herstellung des andalusischen Kult-Getränks erklären lassen.
Sherry wird aus der Weißweinrebe Palomino hergestellt und ist ursprünglich trocken. Soll der Wein gesüßt werden, wird er mit den Rebsorten Moscatel oder Pedro Ximenez verschnitten. Doch Vorsicht beim Probieren, Sherry wird aufgespritet, das heißt, Branntwein wird zugesetzt um das Reifen der Weine zu beeinflussen. Fino und Manzanilla haben 15 % Vol., und Oloroso 17 % Vol. Alkohol. Eine wichtige Rolle bei der Vinifizierung spielen die Hefen des Flors und das Criadera-/Solera-System. Die Fässer werden in den beeindruckenden Wein-Kathedralen in drei Lagen übereinander gestapelt. Abgefüllt wird der Wein aus der untersten Reihe der Fässer. Die entnommene Menge wird aus den darüber liegenden Fässern nachgefüllt. Im Gegenzug wird mit Wein aus der obersten Reihe (erste Criadera) wieder aufgefüllt. So erreicht man jedes Jahr die gleiche Qualität.
Ich probiere noch einen trockenen Fino – schon alleine wegen der hohen Kunst des Sherry Eingießens. Der Kellermeister (Venenciador) gießt in hohem Bogen mit der Venencia den Sherry in den Catavino, das typische Sherry-Glas.
Aber auch einen Besuch einer Dressurshow in der Königlich-Andalusischen Reitschule Jerez sollte man in sein Kulturprogramm aufnehmen – diese hohe Kunst begeistert nicht nur Pferdefans.
Mir ist nach Meer und ich fahre 30 Kilometer weiter südlich nach Cadiz. Der erste Eindruck ist weniger einladend, schmucklose Wohnsilos dominieren die Skyline, die historische Altstadt ist umzingelt von Hochhäusern. Doch mein Ziel ist der Playa Victoria, der schönste Strand der Stadt. Im Strandrestaurant BEBO Los Vientos bringt eine eiskalte Sangria Abkühlung und das perfekte Strandfeeling.
Das Essen ist rustikal, schmackhaft und die permanente leichte, manchmal kräftige Brise vom offenen Atlantik bläst mir den Sand in den Salat – was soll’s – es ist allemal schöner als auf einer verglasten Hotelterrasse.
Tio Pepe Gonzales Byas
Jerez de la Frontera
Calle de Manuel Maria Gonzales 12
Telefon +34 956 35 70 16
Bodegas Lustau
Calle Arcos 53
Jerez de la Frontera
Telefon +34 956 34 15 97
Casa Ricardo-Antigua
Sevilla
Calle Hernan Cortes 2
Telefon +34 954 38 97 51
Restaurant Ispal
Plaza de San Sebastian 1
Telefon +34 955 547 127
El Rinconcillo
Sevilla
Calle Gerona 40
Telefon +34 954 22 31 83
Postiguillo
Calle os de Mayo 2
41001 Sevilla
Telefon 0034 954 565 162
Bar La Eslava
Calle Eslava 3
Sevilla
Telefon ü34 954 33 39 35
Mariatrifulca
Puente de Triana / Plaza del Altozano
41010 Sevilla
Telefon +34 954 33 03 47
Bebo Los Vientos
Paseo Maritimo 12
11010 Cadiz
Telefon +34 663 10 12 57