Als ich nach meiner ersten Nacht in Ecuadors Hauptstadt Quito aufwache, bin ich überrascht wie gut ich geschlafen habe. Üblicherweise verläuft die erste Nacht ab einer Höhe von 2000 Metern bei mir immer ziemlich holprig, da sich der Organismus an den relativen Sauerstoffmangel gewöhnen muss.
Bei den fast 3000 Metern in Quito war ich daher auf einiges gefasst, aber die empfohlenen zwei Flaschen Wasser vor dem Schlafengehen waren wohl ein wirkungsvoller Ratschlag des Wirtes, den ich daher jedem am ersten Abend nahelegen kann. Auch meine ersten Eindrücke von der 2 Millionen Metropole, die auf halben Weg zwischen Amazonas und der Pazifikküste in einer ewig sich langziehenden Talsohle liegt, überraschen mich.
Über 30 Kilometer ist die Stadt lang, aber nur 3 Kilometer breit liegt sie wie eine lange Zunge zwischen den Bergen. Die Altstadt gehört zum Weltkulturerbe und wirkt mit seinen Kolonialbauten und vielen prächtigsten Kirchen sehr europäisch. Der spektakulärste Kirchenbau ist sicherlich der von den Jesuiten gebaute Compañía de Jesús.
Über sieben Tonnen Gold wurden in dem Barockpalast verbaut. Die einzelnen kirchlichen Orden machten sich die schönsten Plätze der Stadt streitig um dort noch mächtigere und schönere Kirchen zu errichten. Den mystischen Rahmen geben Quito die Berghänge, die sich um das Tal erheben und am Morgen im Nebel liegen.
Dazu gibt das intensive Licht, das die Stuckfassaden der Kolonialbauten besonders leuchten lässt eine besondere Note. Kurz, die ecuadorianische Hauptstadt ist Liebe auf den ersten Blick. Was der Boden rund um Quito hergibt, zeigt ein Besuch in der Markthalle, der Mercado San Francisco.
Bauern haben hier Dutzende von verschiedensten Sorten Kartoffeln im Angebot, in allen Größen. Aus Orangen, Passionsfrucht und Brombeeren wird frischer Saft gepresst. Ein Teil der Halle ist für Heilkräuter reserviert, die von Heilerinnen und Bäuerinnen angeboten werden. Viele der Kräuter wachsen im Umland oder kommen aus dem nördlichen Teil Ecuadors, das an Kolumbien grenzt. Ob Verdauungsprobleme, Nierenleiden, Herzbeschwerden oder Prostata – gegen jedes Zipperlein ist hier ein Kraut gewachsen.
Die Markthalle ist aber auch eine gute Möglichkeit sich mit der Hochlandküche Ecuadors vertraut zu machen. Fast jedes Gericht besteht eigentlich aus Reis, Fisch und Fleisch. Unbedingt sollte man geröstetes Schweinefleisch mit Kartoffelpuffer und Mais probieren.
Auch Churrasco, ein Fleischgericht mit Spiegelei, bekommt man in seinen verschiedenen Varianten in der Markthalle. Diese Gerichte sieht man aber auch an Streetfoodständen überall in der Stadt. Von Schwein und Huhn landet in Quito eigentlich alles auf dem Grill. Etwas zäh kommen allerdings Kutteln oder Magen daher, dafür muss man schon Zeit mitbringen.
Niemand wird es verwundern, daß bei einem so prallen Angebot bei den landwirtschaftlichen Grundprodukten auch die Gourmetküche in Quito heimisch geworden ist.
Das Nuema von Küchenchef Alejandro Chamorro stellt aber alles übrige in den Schatten. Chamorro hat sich seine kulinarischen Sporen in den wichtigsten Hotspots der südamerikanischen Küche verdient (zb. in Peru „ Astrid y Gaston) bis hin zu zum Noma in Kopenhagen.
Die Menüs orientieren sich immer an den Produkten, die gerade aktuell und frisch zur Verfügung stehen. Seine Techniken und seine Kreationen erzählen von seiner beruflichen Lehrzeit um die Welt, aber sie repräsentieren die Ecuadorianische Küche in einer neuen Interpretation. Am Nuema kommt man daher nicht vorbei bei einem kulinarischen Besuch in Quito.
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