Kuba
Seit April 2018 hat Kuba einen neuen Präsidenten: Miguel Díaz-Canel ist der neue Mann an der Spitze der Regierung. Ist jetzt ein Wandel in der Politik zu erwarten, können die Kubaner auf eine neue Zeit hoffen? Eher nicht. Experten (und auch die Kubaner) sind skeptisch. Denn Vorsitzender der kommunistischen Partei bleibt bis 2021 der mächtige Raúl Castro, der Bruder von Fidel Castro. Gewählt wurde Miguel Díaz-Canel (pro forma) von den 605 kommunistischen Mitgliedern des Parlaments und nicht vom Volk. Nach der Machtübernahme von Raúl Castro 2006 war ein Wandel spürbar: die Reformagenda wurde forciert, Tourismus- und private Unternehmen wurden zugelassen, für Kubaner gab es Reiseerleichterungen und die Beziehungen zu den USA wurden verbessert. Allerdings hatte Präsident Trump angekündigt, diese Erleichterungen rückgängig zu machen und eine Reisewarnung für US-Bürger herausgegeben, was negative Folgen für den Kuba-Tourismus hatte.

Gran Teatro de La Habana, die Oper von Havanna. Foto WR
Für die Menschen in Havanna bleibt im Prinzip fast alles beim alten: Staatsangestellte, Lehrer, Ärzte, Krankenschwestern und Polizisten verdienen etwa 25 Euro im Monat! Um zu überleben bleibt nur die Flucht in die Privat-Wirtschaft, Akademiker fahren Taxi, suchen ihr Glück in der Tourismusbranche oder als Händler und Kleinunternehmer. Seit zehn Jahren ist die Zahl der Selbstständigen von 150 000 auf 580 000 gestiegen. Wer es sich leisten kann, verlässt Kuba. So war jedenfalls die Meinung vieler Menschen, die ich in Havanna getroffen habe.

Auch er wird irgendwann wieder Touristen durch die Stadt kutschieren. Foto WR
Doch ich bin ja nicht als politischer Publizist sondern als kulinarischer Korrespondent unterwegs, das Gastronomie Angebot in Havanna ist auch ein Grund meiner Reise (s. auch gourmino-express.com Beitrag …) In den Küchen der Stadt hat sich manches zum Positiven verändert. Einige Köche haben sich offensichtlich im Internet (wer es sich leisten konnte, auf Reisen) neu orientiert. Die traditionell schweren Gerichte wurden abgespeckt und moderner zubereitet.

Die Crew des Restaurants 5 Sentidos: Kochen modern, aber bleiben authentisch im Geschmack. Foto WR
Besonders bei der Präsentation spürt bzw. sieht man den neuen Wind, der durch die Küchen weht. Die Teller machen auch optisch Freude, aber der Geschmack von Kuba haftet nach wie vor am Gaumen. Es gibt einige Restaurants, in denen man gut, manchmal sogar sehr gut essen kann. Die Prädikate fein oder köstlich sind hier fehl am Platze, hier ist mein ungeliebtes Wort „lecker“ eher angebracht.
Familiär und Rustikal im La Guarida

La Guarida: eines der besten Paladar-Restaurants. Foto WR
Wer es gerne rustikal und familiär mag, bucht einen Tisch in einem Restaurant-Paladar: La Guarida an der Calle Concordia, im Los Nardos, direkt gegenüber am Capitolio oder im Dona Blanquita am Paseo de Prado. Paladares sind einfache Wohnzimmer-Restaurant, meist Familienbetriebe mit wenigen Tischen und authentischer kubanischer Küche. Für zehn Euro werden meist schmackhafte Rustikalitäten serviert. Hier isst man das kubanische Nationalgericht Congris und natürlich wird Moros y Christianos (Mauren und Christen) serviert, ein Gericht aus weißem Reis und schwarzen Bohnen.
Vista mar für höhere Ansprüche

Vista Mar: Geschmorter Oktopus mit Paprika und Zwiebeln. Foto WR
Doch auch höhere Ansprüche werden erfüllt. Etwas außerhalb der Stadtmitte befindet sich das Vista mar. Es gehört zu den besten Adressen der Stadt. Hier trifft man auch elegante Gäste aus den Botschaften und Konsulaten der angrenzenden Stadtteile Miramar und Playa. Man sitzt im ersten Stock auf der Terrasse und hat einen Traumblick auf das Meer und den Infinity Pool. Sehr gut der geschmorte Oktopus mit Zwiebeln und Paprika in einer dunklen Fisch-Emulsion (7 Euro). Das geschmorte Kaninchen mit Auberginen und Zwiebel Confit in Rotwein Sauce ausgezeichnet (5 Euro). Der Zitronenkuchen mit geflämmtem Baiser kein Leichtgewicht aber sehr aromatisch. Stylisch, aber trotzdem sehr gemütlich: die Rum-, Whisky und Wodka-Nischen im Restaurant.
Floridita“ Bar, die bekannteste Bar Kubas

La Floridita, eine der bekanntesten Bars der Welt. Foto WR
Wir fahren zurück in die Altstadt und nehmen noch einen Daiquiri in der „Floridita“ Bar. Sie zählt zu den bekanntesten Bars der Welt. Folglich: sehr touristisch, aber der „Daiquiri“ ist ein absolutes „must“, der Signature Drink aus Rum, Zucker, Limettensaft und crushed Eis (5 Euro, in anderen Restaurants kostet er die Hälfte). Bekannt wurde die Bar auch durch Ernest Hemingway, der hier permanent zu Gast war. Von ihm stammt angeblich auch der Spruch
„My Mojito in La Bodeguita, my Daiquiri in El Floridita“.
Verewigt in der Bodeguita Del Medio über der Bar. Aber angeblich war Hemingway nie in der Bodeguita, das Zitat hätte die Tourismusbehörde von Havanna erfunden. Auf jeden Fall sitzt Hemingway seit 2003 permanent als Bronzefigur an der Bar der „Floridita“ und bekommt jeden Tag von den Barkeepern einen Daiquiri vorgesetzt.
Für den nächsten Morgen hatte ich einen 1958 Oldsmobile Convertible 88 reserviert. Das Cabrio polarisiert, wie die meisten der amerikanischen Autos aus den fünfziger Jahren. Die Front und das überladene, chromblitzende Heck blenden im gleißenden Sonnenlicht, aber wir sind begeistert und umrunden das knallrote Cabrio wie Kinder den geschmückten Weihnachtsbaum. Was sind dagegen unsere heutigen Autos doch armselige Blechkreaturen, im Windkanal geboren, glänzen mit besten CW-Werten aber nicht mit Chrom. (Der CW-Wert ist der Strömungswiderstandskoeffizient, oder verständlicher gesagt die Windschlüpfrigkeit eines Autos). Vor dem Capitolio finde ich den Gipfel des ausschweifenden Karosserie-Designs, den 1959 Cadillac Convertible. Das Auto ist 5,60 Meter lang, unter der Haube schlägt ein Acht-Zylinder Herz mit 6,4 Litern Hubraum und 345 PS. Die Doppelscheinwerfer, der durchgezogene Kühlergrill und die mächtigen, chromblitzenden Stoßstangen prägen sein Gesicht, hinten erinnern die riesigen Heckflügel mit integrierten Rückleuchten mehr an ein Space-Shuttle, als an ein Auto. Schade (oder Gott sei Dank?), dass die Ölpreiskrise in den folgenden Jahren diesen Autos den Tod brachten. Apropos Tod: Auch wenn Friedhöfe normalerweise nicht auf meinem Reiseprogramm stehen, der Friedhof Christoph Kolumbus ist auf jeden Fall sehenswert. Mindestens eine Stunde sollte man sich dafür Zeit nehmen. Der Friedhof ist 56 Hektar groß, das Straßennetz umfaßt 20 Kilometer, über eine Million Menschen wurden hier bestattet. Ob auch Mitglieder der legendären Gruppe Buena Vista Social Club hier ihre letzte Ruhe gefunden haben? Mehr darüber in der nächsten Folge meiner Havanna Reise.
Restaurante /Bar Floridita
Obispo 557 Habana Vieja
10100 Havanna
Telefon +53 7 8671 300
Paladar Vistamar
Avanida 1ra 2206 e/22y 24 Miramar
Havanna
Telefon +53 7 2038328
Paladar La Guarida
Concordia 418 Gervasio y Escobar
10700 Havanna
Telefon +53 7 866 9047
Paladar Dona Blanquita
Paseo de Marti 158 zwischen Colon & Refugio
Havanna
Telefon +53 7 8674958
Restaurant Rio Mar
3ra y Final 11, La Puntilla/Miramar
Havanna
Telefon +53 7 2094838