Wer sich für die Stadt Porto im Norden von Portugal interessiert, denkt entweder an Portwein oder an Fußball. Natürlich geht auch beides. Der FC Porto gehört zu den erfolgreichsten Fußballclubs Europas. Zwei Mal Landesmeister, Sieger in der UEFA Champions League und UEFA Europa League – quasi der FC Bayern von Portugal. Doch Fußball ist nur bedingt mein Thema (FC Bayern Fan), Gourmino-Express Leser wissen, meine Liebe und Leidenschaft gehört dem Pferderennsport (GE-Artikel Iffezheim).
Der Grund meiner Reise war Portwein und natürlich die pittoreske Stadt Porto, deren Altstadt seit 1996 zum UNESCO Weltkulturerbe gehört. Die Stadt begeistert mit ihrem historischem Charme, als Portugal noch eine reiche Seefahrer-Nation war. Sie ist irgendwie gemütlich, gastfreundlich, fern jeder Hektik und seit Jahren ein HotSpot in Europa.
Doch dass ich mich in einer Buchhandlung fast genau so lange aufhalte wie in einem Weinkeller, konnte ich mir vor meiner Reise nicht vorstellen. Doch was hat Harry Potter mit der Stadt Porto zu tun? Eine der schönsten Buchhandlungen der Welt befindet sich in Porto: die Livraria Lello. Das filigrane Jugendstil-Gebäude mit seiner neogotischen Fassade steht unter Denkmalschutz und ist ein „Must“ für jeden Porto-Besucher.
Fünf Euro Eintritt sollte man bereit halten und auch eine längere Wartezeit einplanen. Nur eine bestimmte Besucherzahl ist zugelassen, eine strenge „Türsteherin“ wacht über den geordneten Ablauf der internationalen Besucherschlange. Drinnen staunt man über die kunstvoll geschwungene Holztreppe mit den roten Stufen die den Raum dominiert und nach oben in den ersten Stock führt. Opulente, überbordende Holzschnitzereien und zierliche Büsten bedeutender Literaten vor den Bücherregalen fordern das Auge.
Die englische Schriftstellerin Joanne K. Rowling lebte in den 1990er Jahren in Porto und unterrichtete Englisch. Angeblich soll sie sich oft in der Bücherei aufgehalten haben, womöglich stammen viele Ideen und Episoden für ihre Harry Potter Romane aus dieser Zeit. 500 Millionen Mal wurde diese Buchreihe weltweit verkauft und in 80 Sprachen übersetzt. Ich habe noch nie einen Roman von ihr gelesen, bin aber trotzdem von der Livraria Lello begeistert. Vielleicht liegt es auch an der kleinen Bar im ersten Stock, an der ich mir mit trockenem, weißem Portwein auch trockene Literatur zugänglich mache.
Doch das Studium diverser Wein- und Kochbücher macht mir Lust auf Lunch. Mit der historischen Trambahn geht es ratternd und quietschend Richtung Atlantik.
Das Zwei Sterne Restaurant Casa de Chá da Boa Nova von Rui Paula in Leça da Palmeira ist unser Ziel. Er ist einer der bekanntesten Köche in Portugal, in Porto betreibt er drei hochklassige Restaurants, das DOP in der Altstadt, das DOC außerhalb am Ufer des Douro und eben das Da Boa Nova.
Ein futuristisches Monument auf den Felsen direkt am Atlantik aus Beton, Holz und Stein. Das Interieur ist auf das Wesentliche reduziert, eher schmucklos, doch warme Holztöne setzen Akzente. Die Küche empfiehlt sich kreativ bis innovativ, saisonal, regional und international. Wir staunen über das opulente Menü das in 21 Gängen von „Take I bis Take XXI“ für 195 Euro auf der Karte steht.
Unsere Wahl fällt auf das 7-Gänge-Menü für 110 Euro, was man durchaus als günstig bezeichnen darf. Eine gute Flasche Weißwein gibt es schon ab 30 Euro, wem nach prickelnden Perlen zumute ist, bestellt einen Flasche Champagner Krug, Jahrgang 2000 für 4200 Euro. Der Blick auf den Atlantik und die meterhohe Gischt ist gratis und grandios, der Sound der Brandung begleitet uns durch das formidable Menü, das Highlight der Reise.
Aber auch die einfachen Restaurants begeistern mit opulentem Geschmack. Bestes Beispiel die Taberna dos Mercadores in der Altstadt, nur 100 Meter vom Flussufer entfernt.
Die Tische stehen eng, Berührungsängste sollte man hier nicht haben. Fleischgerichte, Fische und Meeresfrüchte kommen in bester Qualität auf den Tisch, die Portionen sind üppig, auch für geübte Gourmands kaum zu schaffen. Die Weinkarte würde auch einem Sterne-Restaurant alle Ehre machen.
Im Restaurant Marisqueira do Porto geht es etwas eleganter zu. Hier setzt man ganz auf die Früchte des Meeres. Die Premium Seafood Mix Combo für zwei Personen kostet 97,50 Euro, schmeckt exzellent und ist fangfrisch. Der gegrillte Oktopus steht mit 17,90 Euro auf der Schiefertafel und wer keine Angst vor Innereien hat bestellt Tripas á Moda do porto für 9,90 Euro, auf deutsch Kutteln – hört sich auf portugiesisch irgendwie besser an.
Für eine Portweinprobe habe ich mich hoch oben bei „Graham’s“ auf der anderen Seite des Flusse im Stadtteil Vila Nova De Gaia angemeldet. Wer gut zu Fuß ist, schafft den steilen Anstieg zur Kellerei, ich bevorzuge eine Taxe, den Rückweg schaffe ich auch nach der Verkostung aus eigener Kraft. Mehr über die Vinifizierung der Weine in unserer ersten Port-Story von Wolfgang Ritter Doce Vida.
Sehr empfehlenswert ist das Restaurant Vinum der Kellerei mit einer herrlichen Terrasse. Der Blick geht über die Stadt, den Douro und das Wahrzeichen der Stadt, die Brücke Ponte Dom Luís. Wer Wert auf fürstliches Ambiente legt (ich nicht), reserviert im Restaurant O Comercial im Börsenpalast. Ein Selfie im noblen Ambiente macht auf Instagram auf jeden Fall etwas her…
An meinen kulinarischen Souvenirs habe ich auch in Berlin noch Freude: Weißen Port (Graham’s Extra Dry) im Longdrinkglas auf Eis mit Thomas HenryTonic Water, einer Limettenscheibe und ein Zweig Minze. Gereifter, roter Port und Stilton (engl. Blauschimmelkäse), Gorgonzola und ein nicht zu strenger Roquefort sind seitdem krönender Schlusspunkt unserer Menüs.
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