Wien
Etwas irritiert stehe ich am Eingang des Restaurants von Konstantin Filippou und staune über ein poliertes Messingschild AMBASSADE KRUG. Die Botschaft des besten Champagners der Welt hat ihren Sitz in einem griechischen Restaurant in Wien? Wie geht denn das? Knoblauch und Zaziki und dazu meinen absoluten Lieblingschampagner? Meine Gedanken werden unterbrochen durch die herzliche Begrüßung von Konstantin Filippou. Ich habe das Gefühl, man kennt sich schon lange und bin gespannt auf das, was mich erwartet. Nach einem ersten Blick in die Speisekarte wird mir sofort klar:
Das Restaurant von Konstantin Filippou ist von einer griechischen Taverne so weit entfernt wie Wien von Athen.
Zwei Menüs mit vier oder sechs Gängen werden angeboten, ein À-la-carte Angebot gibt es nicht – und ich vermisse es auch nicht. Wie in den meisten hoch dekorierten Restaurants, auch hier nur eine reduzierte Beschreibung der einzelnen Gerichte. Nur in Stichworten werden die Produkte erwähnt, die Zubereitungsart muss der Service erklären (wenn er es kann).
[wds id=“1373″] Fotos: Wolfgang Ritter
Wer von der aufmerksamen Dora umsorgt wird, hat Glück. Ich habe sie bewundert, sie hat fast alle Rezepturen im Kopf, weiß auf jede Frage eine Antwort – kein Wunder, sie hat auch schon eine Kochlehre absolviert, und sie kennt die Weinkarte fast auswendig. Das Restaurant gibt sich puristisch bescheiden in dezentem Grau, man konzentriert sich auf das Wesentliche …
[wds id=“1374″] Fotos: Wolfgang Ritter
… den Genuss – und den erlebt man auf jedem Teller, der aus der Küche kommt:
Brandade vom Black Cod und Kaviar; Langostino, Kalbszunge, Cochayuyo, Zitrus; Jakobsmuschel mit Haselnuss, Pilz, Trüffel und Rindermark; Unagi, Mangalitza, Fenchel; Mieral-Taube Marokko; Joghurt, Amarena Kirsche, Liebstöckel …
[wds id=“1375″] Fotos: Wolfgang Ritter
Die Teller kommen in perfektem Food-Design daher: Mal zentriert, das tragende Produkt logisch in der Mitte platziert, mal axial nach einer Linie ausgerichtet, oder anaxial, Produkte wie willkürlich auf dem Teller verstreut.
[wds id=“1376″] Fotos: Wolfgang Ritter
Auch das Porzellan ist meist dunkel oder in grau gehalten, die Symbiose könnte nicht perfekter sein.
[wds id=“1377″] Fotos: Wolfgang Ritter
Was fehlt? Ein Glas Krug Champagner!
Aha! Seine komplexen und gereiften Aromen sind die ideale Ergänzung zu diesem Feuerwerk der Aromen. Ich bin mir sicher, was das Jahr auch noch bringen wird: Es war eines der besten Menüs 2017.
[wds id=“1381″] Foto: Krug Champagner
Doch wie beschreibe ich meinen Freunden in Deutschland was oder wie ich gegessen habe?
Kosmopolitisch? Multikulturell? Italienisch? Französisch? Österreichisch? Griechisch? Sicher von jedem etwas, aber auf jeden Fall alpin-mediterran. Eigentlich logisch: Die historische Verbindung lebt. Die mediterranen Einflüsse gab es ja schon zu K.u.k. Zeiten, als Österreich noch eine Seemacht war und der Adel seine Sommerfrische an der Adria verbrachte.
[wds id=“1378″] Foto: Wolfgang Ritter
Wer ist Konstantin Filippou?
Konstantin Filippou ist ein begnadeter Koch, ein selbstbewusster, hoch sensibler Mann, den ich mir am Steuer einer Segelyacht in der Ägäis genau so gut vorstellen könnte, wie in einer Rolle des Filmklassikers „Alexis Sorbas“ als Macho oder Bösewicht.
[wds id=“1379″] Foto: Wolfgang Ritter
Bei ihm gibt es nur kalt oder heiß, schwarz oder weiß, Grautöne kommen nur in seinem Restaurant vor, das er liebevoll auch seine Gaststube nennt. In seinen Augen funkelt die Leidenschaft des Südländers, aus seinen Worten spürt man die Begeisterung für seinen Beruf, der seine Passion ist:
Konstantin, Ihr Vater ist Grieche, Ihre Mutter kommt aus der Steiermark. Welche Gene kommen in Ihren Rezepturen mehr zum Tragen?
Das hält sich die Waage. Ich habe von meinem Vater und von meiner Mutter sehr viel mit bekommen. Wenn ich österreichisch koche, fehlt mir das mediterrane und umgekehrt ist es genau so. Ich muss das Kochen nicht neu erfinden, ich koche sowohl alpin wie auch mediterran. In meiner Brust schlagen zwei kulinarische Herzen.
Doch über Ihr kulinarisches Erbe hinaus haben Sie bei einigen großen Köchen in Europa gelernt.
Ich habe meine Lehre in Filzmoos in einem kleinen Familienbetrieb gemacht. Der Souschef war Metzger, der Chef war Jäger. Ich habe alles von der Pike auf gelernt. Später war ich bei den „Obauers“ in Werfen (eines der besten Restaurants in Österreich) und habe dort gelernt, wie man mit den Waren umgeht und wie man einen Betrieb auch längerfristig erfolgreich führt. Ich war in London bei Gordon Ramsay, im „Le Gavroche“, bei Michel Roux, beim 3-Sterne-Chef Juan Mari Arzak in San Sebastian in Spanien, und auch im „Steirereck“ hier in Wien. Am Anfang habe ich gedacht, ich gehe in ein Haus, das einen guten Namen hat, das ist gut für deine Vita und deine Erfahrungen. Erst im Nachhinein habe ich gesehen, wie wichtig diese Stationen für meine Entwicklung und meinen Weg waren. Ich habe auch die klassische Küche gelernt. Wir setzen aufwendig die Soßen an, schmoren Gerichte, also „sous vide“ (Vakuumgaren bei Niedertemperatur) alleine ist nicht der Weg. Jedes Produkt braucht seine eigene Garmethode.
Sie haben Ihre Erfahrungen bei den wichtigsten Köchen in Europa gesammelt, wo schmecke ich in ihrem Restaurant die griechische Küche?
Die meisten Menschen verbinden mit griechischer Küche traditionelle Gerichte wie Zaziki, Souvlaki, Gyros oder Moussaka. Solche Gerichte stehen bei mir nicht auf der Karte – aber eine gut zubereitete Moussaka kann sehr gut sein – privat immer gerne. Ich bin immer auf der Suche nach altgriechischen Rezepten, wie z.B. ein Risotto ähnliches Gericht aus der Gegend von Kalamata. Doch Europa hat mehr zu bieten.
Letztes Jahr wurden Sie im Gault&Millau Restaurantführer mit dem Titel „Koch des Jahres“ ausgezeichnet …
… ja wir sind darüber auch sehr glücklich. Ich koche authentisch, ich stehe zu meinen Kreationen, ich liebe den Purismus und muss mich nicht verbiegen um irgendwo hin zukommen. Ich setze auf den reinen Geschmack der Produkte, wage mich auch an außergewöhnliche Produktkombinationen und bin immer offen für neue Geschmackswelten.
Ein Blick in sein neues Kochbuch – Avantgarde zum Lesen, für Mutige zum Nachkochen:
Kutteln mit Carabineros Tartar, Zander mit Haselnuss und Trüffel, Seeteufel mit Birnen und Sardellen, Kalbsbrust mit Flusskrebsen und Karotten, Seeigel mit Gänseleber und grünen Mandeln, Sepia mit Froschschenkel, Couscous und Wachtelei, Taschenkrebs mit Blumenkohl und Brokkoli, Kerbelknolle mit Herzmuscheln im Schwarzbiersud, Hahnenkamm und Kabeljauzunge mit Sauerklee, Pochierte Makrele mit Radieschen und Meerrettich, Bio-Ei mit Tintenfisch und Schweinebauch
[wds id=“1380″] Foto: Wolfgang Ritter
Restaurant Konstantin Filippou
Dominikanerbastei 17
1010 Wien
+43 1 5122229
restaurant@konstantinfilippou.com
www.konstantinfilippou.com