Wenn ich in einem Grand Hotel ein Zimmer gebucht habe, das an der Spitze der Hotellerie in der Schweiz und in Europa steht, habe ich natürlich eine Erwartungshaltung, die einiges über einem Hotel der Luxusklasse mit der höchsten Fünf-Sterne-Bewertung steht. Zumal das Hotel Mitglied im exklusiven Club der „Leading Hotel of the World“ ist.
Erwartungen auf angenehmste Weise übertroffen
Und um es gleich vorweg zu nehmen: Das Baur au Lac in Zürich hat meine Erwartungen nicht nur erfüllt, sondern auf angenehmste Weise übertroffen.
Den „Wow“-Effekt spektakulärer 5-Sterne-Hotels mit 50 Meter hohen Hotelhallen wie in Hongkong, Bangkok, Dubai, Abu Dhabi oder Las Vegas hat man hier nicht, hier zählen andere Werte: Der Wohlfühl-Faktor steht an erster Stelle des Hotelkonzepts.
Schon beim Betreten der legendären Hotelhalle „Le Hall“ fühle ich mich angekommen, ich bin unterwegs aber doch zuhause. Schon vor 175 Jahren, also 1844 wurde das Hotel eröffnet und ist immer noch in Besitz der Gründerfamilie. Man spürt den Atem der Geschichte, aber nichts wirkt angestaubt oder old fashioned.
In der Halle wurde ein modernes Designkonzept als Hommage an die Tradition perfekt umgesetzt. Unter der Art-Déco-Kuppel funkelt ein grandioser Empire-Leuchter mit seinen geschliffenen Facetten, chinesische Porzellanleuchter und blattvergoldete Lampen setzen stimmungsvolle Lichtakzente und raumhohe Bäume verbreiten gemütliche Wintergarten-Atmosphäre. Im Ölgemälde verewigt schauen der Hotelgründer Johannes Baur mit seiner Frau Anna aus den goldenen Bilderrahmen auf die illustren Gäste, aber auch moderne Kunst von Fernando Botero und der amerikanischen Künstlerin Pat Steirer fügt sich harmonisch in das Konzept.
Hier verweilten schon Kaiser und Könige, Kaiserin Sissi und Marc Chagall tranken ihren Tee, Politiker und Industrielle handelten Verträge aus und Walt Disney holte sich Inspirationen für seine Comics. Richard Wagner, Thomas Mann und Alfred Hitchcock zählten zu den Stammgästen, Sophia Loren, Brigitte Bardot und Gina Lollobrigida schmücken die Bildergalerie, die Liste der Mächtigen und wirklich Wichtigen ist endlos, aber auch die bekannten Hollywoodstars unserer Zeit wie Richard Gere, Harrison Ford oder Renée Zellweger residieren gerne im Baur.
Doch genug der Geschichte, ich freue mich auf das Dinner mit Hoteldirektor Wilhelm Luxem in der neuen Brasserie, das „Baur’s“. Ich kenne Wilhelm Luxem schon seit vielen Jahren noch aus seiner Zeit im Schwesterhotel Excelsior Hotel Ernst in Köln. Seit 2013 führt er nun das Baur au Lac in Zürich. Seine Kompetenz, sein Führungsstil und seine Servicephilosophie sind heute schon legendär. Wir nehmen noch einen Aperitif in der gemütlichen Lounge-Bar, und ich bin überrascht wie viele Gäste von außerhalb die Bar frequentieren.
Die Bar ist der Hot-Spot in Zürich für den After-Work-Drink. Hier glänzen die Damen der Gesellschaft in den Designer-Modellen, die ich am Nachmittag in den Schaufenstern der mondänen Bahnhofstraße bewundert habe: Chanel, Hermes, Gucci, Fendi oder Kiton, man zeigt was man hat – dass in Zürich gutes Geld verdient wird, ist ja allgemein bekannt.
Brasserie „Baur’s“
Restaurant-Manager Panagiotis Kissas bringt uns zu unserem Tisch in der Brasserie, dem Hauptrestaurant des Hotels.
Seit September 2019 strahlt das Restaurant in neuem Glanz. Dekorative Rot- und Orangetöne in allen Facetten sorgen für eine stimmungsvolle, gemütliche Atmosphäre. Decke und Wände sind in weichen Grüntönen lackiert, dekorative Murano-Leuchter setzen das Restaurant ins richtige Licht. Moderne Gemälde und Grafiken sind effektvolle Eyecatcher im harmonischen Ambiente. Auf der Speisekarte stehen die europäischen Klassiker aber natürlich darf auch das Zürcher Geschnetzelte nicht fehlen.
Die Lammkoteletts stehen mit 48 Franken auf der Karte, ich entscheide mich für den Rehpfeffer mit Maroni, Rotkraut und Spätzle (korrekt Spätzli!). Was aus der Küche kommt ist bodenständig, unprätentiös und es schmeckt herzhaft, deftig. Zum Dessert muss es noch eine Zitronen-Tarte mit Sauerrahmeis sein, für 14 Franken ein ordentliches Angebot. Auf der Weinkarte auch viele offene Weine, ich probiere den 2018 Räuschling von Erich Meier aus Zürich, eine Rebsorte, die mir bisher nicht bekannt war.
(War bei der Namensfindung etwa ein Rausch im Spiel?) Exzellent der bekannte Grüne Veltliner aus Österreich, Schloss Gobelsburg, Lage Ried Lamm aus der Magnum eingeschenkt. Einen großen Anteil an dieser eleganten und doch lockeren Atmosphäre hat die jugendliche Service-Brigade unter der Leitung von Panagiotis Kissas, die flink die Wünsche der Gäste erfüllt. Maître Panagiotis hat sein Handwerk in Deutschland beim Köche-Urgestein 2-Sterne-Chef Lothar Eiermann im luxuriösen Wald- und Schlosshotel Friedrichsruhe in Zweiflingen/Öhringen gelernt.
Im angeregten Gespräch frage ich Direktor Wilhelm Luxem: Was macht den Unterschied zwischen einem guten und sehr guten Hotel?
„Es sind die Menschen die die Atmosphäre bestimmen. Wir legen größten Wert auf kompetentes, aufmerksames und freundliches Personal. Unsere Belegschaft ist international, um unsere Gäste kümmern sich 300 Mitarbeiter. Unser zentrales Ziel ist das Wohlbefinden des Gastes. Natürlich muss das Hotel in allen baulichen und technischen Bereichen auf dem neuesten Stand sein. Bei uns wird permanent investert, renoviert, und optimiert. Ich schätze sehr den persönlichen Kontakt zur Besitzerfamilie Kracht. So kann ich mich direkt und unkompliziert austauschen, wir können neue Ideen entwickeln und diese auch sofort umsetzen. Hinter allem steckt wahre Begeisterung und echte Wertschätzung. Die Familie denkt langfristig, Nachhaltigkeit ist in aller Munde, bei uns wird sie gelebt.“
Restaurant „Pavillon“
Am nächsten Tag hat Wilhelm Luxem für mich einen Tisch im „Pavillon“ reserviert, dem 2-Sterne-Restaurant und gastronomischem Herz des Baur au Lac. Beeindruckend die lichtdurchflutete, prächtige fünf Meter hohe Rotonde mit filigranen Stuckarbeiten und einem spektakulären Lalique-Lüster aus den 20er Jahren.
Nach meiner quasi kulinarischen Pflicht in der Brasserie freue ich mich nun auf die kulinarische Kür des ausgezeichneten Küchenchefs Laurent Eperon. Sein Stil orientiert sich an der klassischen Haute Cuisine, regionale Produkte und Rezepte werden neu interpretiert, aber auch fernöstliche Aromen und Impressionen setzen Akzente auf den Tellern.
Die Vorspeise mit geräucherten Schweinebäckchen, Räucheraal und Rote Bete beweisen, dass ein guter Koch auch mit einfachen Produkten große Gerichte zaubern kann. Die Langustine aus Südafrika mit Rhabarber, Jasmin und Sancho-Pfeffer-Sauce köstlich, der auf der Haut gebratene Wolfsbarsch mit Flusskrebsen äußerst delikat, dem Steinbutt in einer perfekten Beurre blanc mit Zitroneneukalyptus, Muscheln und geräuchertem Stör-Kaviar würde ich den dritten Stern geben, die rosa gebratene Entenbrust mit Kartoffel-Gratin wurde aufgepeppt durch eine intensiv-aromatische Nocke pürierter Entenkeule.
Dass in einem Restaurant dieser Kategorie eine exzellente Weinkarte präsentiert wird, versteht sich von selbst. Wenn aber der Sommelier-Weltmeister 2019 Marc Almert am Tisch einen besonderen Wein offeriert, sollte man getrost seiner Empfehlung folgen.
Aber auch Restaurant-Chef Aurélien Blanc hat alle Positionen der Weinkarte abgespeichert, er findet für jedes Menü die optimale Lösung – – aber auch für jede Brieftasche – im Keller warten 700 000 Flaschen auf ihre Bestimmung…
Hotel Baur au Lac
Talstraße 1
CH-8001 Zürich
Telefon +41 44 220 50 20