Verona
Wer kennt Verona und die Opern in der Arena nicht? Carmen von Georges Bizet, La Traviata und Aida von Verdi, Turandot von Puccini – Opernfans aus der ganzen Welt sind fasziniert von den Aufführungen und der einmaligen Atmosphäre in der Arena. Nicht weniger klingende Namen sind auf der Vinitaly in Verona vertreten, aber dazu später mehr. Zum 50. Mal öffnete vom 10.- 13. April 2016 die größte Messe für italienische und internationale Weine ihre Pforten: Willkommen im Wunderland der Weine.
Doch für einen deutschen Weinfreund ist der Eintritt ins Vergnügen nicht ganz billig, etwa 150 Euro sind alleine für die Autobahnvignette in Österreich, Brenner-Maut und Autobahngebühr in Italien, inkl. 80 Euro Eintritt zur Messe zu entrichten. Dazu kommen noch die Reise- und Hotelkosten. Aber dafür kann er, je nach Kondition, bis zu 20.000 Weine verkosten. Der tägliche Weinkonsum wäre damit auf jeden Fall gesichert. Für die meisten Fachbesucher wie Journalisten, Importeure, Winzer, Produzenten, Restaurantinhaber, Sommeliers und ganz „normale“ Weinenthusiasten sind diese vier Tage harte Arbeit. Auf 100.000 Quadratmetern präsentieren 4.000 Aussteller ihre Erzeugnisse. Etiketten-Druckereien, Glasproduzenten, Maschinenbauer, Mineralquellen-Betreiber, Spirituosen und Softdrink-Produzenten – und natürlich Wein- und Sektgüter aus der ganzen Welt stellen hier aus. Welch wichtiger Wirtschaftsfaktor diese Messe für Italien ist, zeigt sich schon daran, dass der italienische Ministerpräsident Matteo Renzi die Messe besuchte. Erfreulich für passionierte Weintrinker:
Der Jahrgang 2015 ist nach Aussage der Winzer in fast allen Regionen ein sehr guter Jahrgang bei den Rotweinen und ein exzellenter Jahrgang bei den Weißweinen geworden.
Und das nicht nur in Italien, auch die österreichischen und deutschen Produzenten sind hoch zufrieden. Auch die Erträge liegen über dem Vorjahr 2014. Also hinein ins vinophile Vergnügen. Die besten italienischen Weißweine wachsen im Norden, also in Südtirol / Trentino, im Friaul, im Veneto, im Piemont, in Ligurien, in der Lombardei (Franciacorta). Interessante und preiswerte Entdeckungen gibt es immer wieder in den Marken, ein unterschätzes Anbaugebiet zwischen der Adria und dem Apennin. Aber auch der Süden holt stark auf. Durch das starke Engagement der etablierten Weindynastien wie Antinori und Frescobaldi macht auch hier das Weintrinken Spaß. (Meine Empfehlung: der Chardonnay Tormaresca von Antinori für etwa 7 Euro). Die Roten glänzen im Süden meist durch üppigen Körper, opulente Frucht, hohe Farbdichte und hohen Alkohol. Fruchtige Weißweine kommen mittlerweile aus Kampanien, wie der Fiano (eine Rebsorte) di Avellino oder die Weine aus der Rebsorte Falanghina del Sannio, wie der Taburno DOC von Fontana Vecchia. (Er wurde vom Weinführer Gambero Rosso mit drei Gläsern ausgezeichnet und gehört zu den besten Weißweinen in Süditalien). Sehr gut auch der Biancuzita von Torre a Oriente oder der Falanghina der Vinicola del Titerno. Der bekannteste Name und größter Produzent dieser Region ist sicher die Azienda Agricola Mastroberardino.
Mein erster Besuch galt dem Stand von Josef Reiterer, Sektkellerei Arunda in Mölden / Südtirol. Seine Sekte sind exzellent, zehn verschiedene Cuvees stehen zum Verkosten und zum Verkauf. Fruchtig-frisch seine Rosés, sie duften nach Himbeeren, Orangen, Zitrusfrüchten und Birnen. Josef Reiterer: „Ich mache seit 1979 Sekt. Mich zog es damals eher zum Schnapsbrennen, aber meine Frau liebt Perlen und da habe ich eben perlenden Sekt gemacht.“ Martin Foradori vom Weingut Hofstätter in Tramin bringt unübertroffene Blauburgunder auf die Flasche. Er braucht den Vergleich mit den großen Gewächsen aus Burgund nicht zu fürchten. Ich probierte den Roccolo Jahrgang 2012, eine Parzelle der Lage Barthenau. Ein eleganter Wein mit Struktur und Potential. Aber auch seine Weißweine gehen elegant über die Zunge. Ich bin ein Fan seiner Gewürztraminer mit Restsüße. Man genießt maßvoll, also spielen 14,5 % Alkohol keine so große Rolle.
In Tramin liegt auch das Weingut von Elena Walch. Sie ist zu Recht die „La Donna del Vino“. Ich kenne ihr Weingut seit 25 Jahren und sie hat mich noch mit keinem Jahrgang enttäuscht. Auch in schwachen Jahren brachte sie ordentliche Weine auf die Flasche. Ganz anders der große Jahrgang 2015: Ich verkoste den Weißburgunder Kristallberg, ein feiner Wein mit opulenter Frucht, dezenter Säure, Struktur und Schmelz im Abgang.
„Die Trauben hatten die volle Reife, ich bin sehr glücklich mit diesem Wein“, strahlt Elena Walch.
Auch der Sauvignon blanc 2015 macht Freude. Markant und mineralisch, ein Wein mit Zukunft. In Südtirol besonders erfreulich: Auch die Kellerei-Genossenschaften erzeugen exzellente Weine. Willi Stütz, Geschäftsführer und Ökologe der Kellerei Tramin brilliert mit besten Weißweinen, wie den Gewürztraminer „Nussbaumer“, oder die gelungenen Cuvées „Stoan“, „Loam“ (Cabernet-Merlot) und „Roen“. Die Kellerei Terlan glänzt mit durchgehend konstanter Qualität: Weißweine wie „Winkel“, „Vorberg“ oder dem Spitzen-Sauvignon „Quarz“. Er gehört zur italienischen Spitze. Wolfgang Raifer, Geschäftsführer der Kellerei Schreckbichl präsentiert den „Lafoa“ 2014, ebenfalls ein herausragender, typischer Sauvignon blanc. Er duftet nach Holunder und frischem Salbei mit dezenter Holznote.
Der Opinionleader in der Wein-Champions-league Südtirol ist für mich Hans Terzer, Chef-Önologe der Kellerei St. Michael in Eppan. Der Gambero Rosso wählte ihn schon vor Jahren zu den zehn weltbesten Kellermeistern. Sein fruchtig-frischer Weißburgunder „Schulthauser“ ist ein Wein für alle Fälle, der Sauvignon blanc, St. Valentin, durfte sich im Gambero Rosso, dem wichtigsten italienischen Weinführer, schon 18 Mal mit drei Gläsern, der höchsten Auszeichnung, schmücken. Der geniale Appius 2011, eine Cuvée aus Chardonnay, Sauvignon blanc und Pinot Grigio zählt nicht nur für mich, zu den besten Weißweinen Italiens. Dass die Rotweine und Dessertweine diesem hohen Anspruch gerecht werden, versteht sich von selbst. Zitat Hans Terzer:
„Es läuft sehr gut, wir sind zufrieden und im Oktober ausverkauft“.
Im Trentino hat sich Paolo Endrizzi und seine Familie dem Wein verschrieben. Sein Weingut in San Michele gehört zu den besten in Italien. Herausragend: der Gran Masetto und der Masetto bianco. Ich liebe seinen Moscato rosa, der perfekte Begleiter zu Schokoladen-Desserts, oder solo als Medationswein. Dass im Nordosten Italiens große Weißweine erzeugt werden hatte ich eingangs schon erwähnt. Livio und Marco Felluga, Mario Sciopetto, Edi Kante waren und sind Garanten für Qualität und Klasse. Heute brilliert die nächste Generation mit großen Weinen: Silvio Jermann, Roberto Felluga und seine Schwester Alessandra, die das Castello di Buttrio leitet. Ich verkoste mit ihr und ihren Wein begeisterten Töchtern Chardonnay und Sauvignon. Beide Weine mit viel Frucht und Eleganz, entscheide mich dann aber für den komplexen Mon Blanc und den Ribolla Gialla.
Auch das Weingut La Tunella ist eine sichere Bank in Sachen Weißwein. Sauvignon blanc, Chardonnay, Rjgialla oder Pinot Grigio – Weine zum Angewöhnen. Die Referenz: Friulano „Col Livius“. Nicht zu vergessen das Weingut Borgo Conventi in Farra d’Isonzo: Ich probiere animierenden Chardonnay aus dem Stahltank, Sauvignon und fruchtigen fast samtweichen Merlot.
Insgesamt erfreulich: Man geht wieder etwas subtiler mit dem kleinen Holzfass, also dem Barrique-Ausbau um – Fruit statt Wood!
Die umfangreiche Rotwein Verkostung schaffe ich nicht mehr, aber zwei Weingüter im Piemont haben es mir angetan: Der Klassiker „Braida“ Giacomo Bologna in Rocchetta Tanaro. Nach dem Tod des Vaters hat Tochter Raffaella das Sagen. Ihre Weine stehen auf fast allen Weinkarten der besten Restaurants. „Bricco dell’Uccelone“ oder der „Bricco della Bigotta“, um nur zwei zu nennen. Ein Schnäppchen ist der „Montebruna“ für 17 Euro – viel Wein für wenig Geld. Bei den großen Roten verzichte ich leidend auf die großen Namen wie Angelo GajaAldo und Giacomo Conterno, Ceretto, Elio Altare, Domenico Clerico, Roberto Voerzio, Prunotto …
… und degustiere mit glänzenden Augen die Barolos von Guido und Paolo Damilano aus Barolo: Brunate 2012, Cerequio 2012, Liste 2009 – große Weine mit Format und internationaler Klasse. Ein Weißwein macht nicht nur in München Furore: der Lunae aus Ligurien. Ein fruchtiger, eleganter Vermentino mit Klasse. Apropos Vermentino: mit dem Costamolino vom Weingut Argiolas auf Sardinien kann man nichts falsch machen.