Calafate
Da brechen sie ein Stück vom Gletscher ab und tun es in dein Whisky-Glas, während du über knackendes Eis läufst – ich weiß nicht, ob es diese einprägende Schilderung einer Freundin war, oder einfach mal die Lust, einen etwas anderen Urlaub zu machen, die mich nach Patagonien trieb. Im deutschen Hochsommer und im tiefsten argentinischen Winter. So weit in den Süden, dass es schon wieder kalt wurde. „Willkommen am Ende der Welt“, steht auf einem Hinweisschild am Flughafen von Calafate, als wir aus dem Flugzeug steigen. Auf der Karte ist er knapp über dem südlichsten Zipfel Argentiniens mit dickem roten Punkt markiert.
[wds id=“1457″] Fotos: Inna Hemme
„Welthauptstadt der Gletscher“ nennt man diesen im Laufe der letzten zehn Jahre von rund 6.400 auf 20.000 Einwohner angewachsenen Touristenort am Lago Argentino im Süden Patagoniens.
Hauptgrund für den Boom war der Bau des Flughafens. Er ermöglichte einen viel schnelleren Zugang zu den berühmten Gletschern der Region, sie heißen Upsala, Perito Moreno und Spegazzini. „Minus elf heute“, sagt der Pilot, während er mit seiner dicken Winterjacke an uns vorbeigeht. Für manchen mag diese Bemerkung das Ende der Welt bedeuten. Nicht für meine beste Freundin Caro und mich – wir sind stolz, in diesem Sommer nicht an einem überfüllten europäischen Strand zu liegen.
[wds id=“1458″] Foto: Inna Hemme
Nein, wir bezwingen den Gletscher, gefährliche Tiere und trinken dabei Whisky – so kalt wie noch nie. „Welche Whisky-Tour?“, fragt uns der Mann an der Rezeption. „Ah, die Gletscherwanderung? Nee, die gibt’s gerade nicht. Der Gletscher ist gesperrt, ist zu viel Schnee gefallen.“ Schweigen. „Und gefährliche Tiere?“, haken wir nach. „Na ja, es gibt viele Hunde. Und ihr könnt reiten gehen …“ Frustriert ziehen Caro und ich in unser Häuschen und gehen zum Lago Argentino spazieren – um zu sehen, dass alles halb so schlimm ist …
[wds id=“1459″] Fotos: Inna Hemme
… der verschneite See wirkt wie aus einem Märchen gefallen!
Die weißen Wolken hängen unter den mit Schnee bedeckten Bergzipfeln und über den mindestens genauso weißen Pferden, pinke Flamingos steigen vom Eisspiegel des größten Sees des Landes hoch.
[wds id=“1460″] Fotos: Inna Hemme
Und als wir zurück zum Hotel kommen (mit einer Flasche argentinischen Rotwein im Gepäck, versteht sich), warten schon unsere Hunde auf uns. Die wir dann trotz Verbote der Rezeptionisten mit ins Bett nehmen. Wir haben ja nicht umsonst unser eigenes Häuschen gebucht.
[wds id=“1461″] Foto: Inna Hemme
Wir waren übrigens im Hotel Blanca Patagonia Hostería Boutique y Cabañas – zwar nicht besonders zentral, aber günstig und mit tollem Blick.
Um halb sieben klingelt am nächsten Morgen der Wecker. Man kann zwar nicht auf den Gletscher, aber zumindest direkt davor. Unsere Tour (ca. 60 Euro von allen Hotels buchbar) startet bald, es ist noch ganz dunkel. Ich versuche, meinen Fuß in die von Oma gestrickte Wollsocke zu quetschen, um dann, noch auf einem Bein springend, den Skianzug von der Heizung zu holen. Wessen Idee war das das eigentlich mit Patagonien im Sommer? Wir checken noch neidisch ein paar Bikini-Badeseefotos unserer Freunde aus Deutschland, dann fahren wir los.
[wds id=“1462″] Fotos: Inna Hemme
Nach über einer Stunde Fahrt von Calafate erreichen wir den 80 Kilometer entfernten Nationalpark Los Glaciares.
Zunächst fahren wir mit einem Schiff an den Gletscher ziemlich nah heran. Das war der erste Gletscher, den ich je gesehen habe. Diese Erfahrung war sogar schöner als meine erste Pizza. Eine halbe Stunde später sind wir runter vom Boot.
[wds id=“1463″] Fotos: Inna Hemme
Und nach weiteren 20 Minuten Autofahrt stehen Caro und ich endlich vor dem Perito Moreno, dem wohl berühmtesten Gletscher der Welt. Von der Unesco 1981 als Teil des Nationalparks zum Weltnaturerbe erklärt, zwängt er sich auf über 30 Kilometern Länge durch die Schluchten der Anden. Seine Zipfel erinnern an eine sehr sehr große Baiser-Torte.
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Die Gletscherfront ist eine siebzig Meter hohe, unfassbare Eiswand, die in den Lago Argentino ragt.
Wir stehen ameisenklein auf der Aussichtsplattform und sind für einige Minuten einfach nur sprachlos. Immer wieder ertönt etwas, das wie ein Schuss klingt, wir ducken uns aus Reflex. Dann sehen wir, wie ein Riesenblock Eis in das türkisfarbene Wasser stürzt. Perito Moreno ist ein Naturwunder, denn während fast überall auf der Welt die Gletscher schmelzen, wird dieser hier nicht kleiner. Er bewegt sich immer nur so viel nach vorne und bricht so viel ab, wie er hinten ‘nachwächst’. Aktuell sind es etwa 70 Zentimeter pro Tag.
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Wir laufen durch das Netz von Aussichtsplattformen, von jedem Winkel zeigt der Gletscher andere Baiser-Muster. Ab und zu kommt wieder ein Schuss. Ich könnte Stunden hier bleiben. Auf der einen Seite ist es natürlich schade, dass wir nicht auf den Gletscher rauf können – wie zur Hauptsaison in unserem Winter und im argentinischen Sommer. Auf der anderen Seite soll es zu dieser Zeit sehr windig sein und das Wasser nicht so klar. Alles hat also seine Vorteile.
[wds id=“1465″] Fotos: Inna Hemme
Eine Spezialität der Region ist Lamm, gegrillt am offenen Feuer.
Schmeckt unglaublich zart, aber eine Portion reicht für zwei. Und das sage ich als ambitionierte Esserin! Wir waren im Parilla Don Pichon, es war einfach am besten bewertet und ich kann mir nicht vorstellen, dass es irgendwo besser schmeckt. Und wer hätte das gedacht: Es gibt sogar patagonischen Wein vom Ende der Welt.
[wds id=“1467″] Fotos: Inna Hemme
Neuer Tag, neuer Ausflug: dieses Mal geht es nicht zu Gletschern (zumindest nicht vorrangig), sondern auf eine Schiffsfahrt durch die Eisberge.
Und wieder mitten in der Nacht aufstehen und gute Laune simulieren … Zum Glück wurde es schnell besser – nämlich mit dem ersten Eisberg …
[wds id=“1468″] Fotos: Inna Hemme
… die Sonne hat uns zwar an diesem Tag verlassen, aber die Eisberge wirken sowieso viel blauer und somit schöner, wenn es bewölkt ist (bei zu viel Licht sind sie einfach nur weiß). Sie verändern ihre Form täglich. Es war wie eine Fahrt durch eine vereiste Skulpturen Galerie.
[wds id=“1469″] Fotos: Inna Hemme
Am letzten Tag der Reise sitzen wir dann doch noch auf einem Pferd am Ende der Welt.
Zwei Stunden reiten wir durch die unwirkliche Landschaft um Calafate. Caro liebt Pferde, ich komme nur mit, um Angeberfotos zu machen. Und weil die Bars noch zu sind.
[wds id=“1470″] Fotos: Inna Hemme
Am Ende des Ausritts hat uns unser Gaucho (nach seiner Aussage der letzte echte Argentiniens. Woanders wären Gauchos keine echten Männer mehr, sondern nur noch eine Touristenattraktion) auf einen Tee in seine Hütte eingeladen. Top-Sehenswürdigkeit von Calafate, gleich hinter dem Perito Moreno. Also tranken wir Mate statt wie geplant Whisky mit Eiswürfeln – schmeckt auch, vor allem mit einem Kuss von dem einzig wahren Gaucho. So schlimm ist der argentinische Winter doch gar nicht …
[wds id=“1471″] Fotos: Inna Hemme
Patagonien
Parrilla Don Pichon
Puerto Deseado 242
9405 El Calafate
+54 2902 492577
www.facebook.com/Don-Pichon-El-Calafate
Blanca Patagonia –
Hostería Boutique y cabañas
Charles Furh
9405 El Calafate
+54 2902 493370
blancapatagonia@cotecal.com.ar
www.blancapatagonia.com