Hamburg
Wenn man Passanten in München, Frankfurt oder Berlin fragt, wer ist der beste Koch in Hamburg, fallen unweigerlich die Namen Steffen Henssler oder Tim Mälzer. Die bekanntesten Köche der Hansestadt sind sie sicher, doch die besten? Sicher nicht, aber das wollen sie auch gar nicht sein. Zugegeben, wenn man sich für das Thema Kochen interessiert, die Sendungen von Tim Mälzer und Steffen Henssler haben einen gewissen Unterhaltungswert mit Lerneffekt – und das alles vom heimischen Sofa aus. Doch ihre Restaurants in Hamburg haben den Charme und die Lautstärke einer Kantine (Henssler) und bei Tim Mälzer in der „Bullerei“ wird in einer ehemaligen Viehhalle gegessen. Doch danach war mir bei meinem letzten Besuch in Hamburg nicht. Denn Hamburg hat mehr zu bieten als nur „Burrata“, Sushi und Sashimi. Das Angebot an Spitzenrestaurants ist groß, immerhin dürfen sich zehn Etablissements mit mindestens einem Michelin Stern schmücken.
[wds id=“660″] Foto: NEC-Fotografie
Ich habe mich für das „Jacobs“ im Hotel Louis C. Jacob entschieden. Zwei Michelin-Sterne strahlen über dem Haus, dem Restaurantführer Gault Millau ist die Kochkunst von Küchenchef Thomas Martin 17 Punkte und drei Mützen wert.
Seit 20 Jahren steht der gebürtige Mannheimer an der Spitze der Küchenbrigade: souverän, kompetent und kreativ, mit konstant guter Leistung über all die Jahre.
Schon beim Betreten des Hotels hat man das Gefühl: hier bin ich richtig. Herzliche Begrüßung durch Jost Deitmar, den Direktor und Gastgeber des Hauses. Die Atmosphäre nimmt einen sofort gefangen – gediegene Eleganz und vornehme Zurückhaltung zeichnen alle Räume aus. Der Gründerzeit Speisesaal mit seiner Stuckdecke, den beiden Kronleuchtern und den stilvollen Blumen-Arrangements wirkt herrschaftlich, ohne hanseatisch kühl zu sein. In Düsseldorf könnte ich mir dieses Restaurant so nicht vorstellen. Beim Lesen der Speisekarte kommt Vorfreude auf, hier kann man sich in der Beschreibung der einzelnen Gerichte etwas vorstellen.
[wds id=“661″] Fotos: Wolfgang Ritter / Louis C. Jacob
Die leider in Mode gekommene (Un)Sitte sich minimalistisch auf die einzelnen Komponenten des Gerichtes zu reduzieren hat hier Gott sei Dank noch nicht Einzug gehalten.
Unser Menü war eine Ode an die Freude: Tatar vom Husumer Weideochsen mit Frenchdressing, Eigelbcrème und Friséesalat; Pulpo mit Safran, Paprika, Olivenöl und Kartoffeln; Samtsuppe vom Hummer mit Champagner; Nordsee-Kabeljau mit Meauxsenf-Beurre Blanc, Meerrettich und jungem Blumenkohl; Glasierter Saint Pierre mit Mangoldcrème, Zitrone, Pinienkernen und Gnocchi; Charolais Ochsenschulter, traditionell geschmort mit Pomeroljus, glasierten Möhren, Zwiebeln und Kartoffelschaum; Erdbeeren mit Baiserschaum, Limette und Beeren-Süppchen; Törtchen von Araguani-Schokoladen. Ich will diese Kompositionen nicht zerpflücken, sezieren und analysieren – ich muss das Röntgenbild einer schönen Frau nicht kennen, um sie schön zu finden.
[wds id=“663″] Fotos: Wolfgang Ritter
Thomas Martin kocht mit dem Blick auf das Wesentliche, seine Gerichte sind logisch durchdacht und nicht künstlich konstruiert.
Der Gast wird nicht mit optischen Effekten auf dem Teller überfordert (die geschmacklich oft nichts bringen). Wenn gewünscht, wird auch Sauce nachgereicht, hanseatische Zurückhaltung ist hier fehl am Platze. Der Service agiert mit Spaß an der Sache, kompetent, lässig aber nicht nachlässig. Mehr geht nicht? Doch! Wenn im Sommer die traumhafte Lindenterrasse eingedeckt ist und das Menü draußen serviert wird. Dazu der Blick auf die Elbe und die Containerschiffe – mehr geht dann wirklich nicht. (Menü ab 89 Euro)
[wds id=“662″] Fotos: Wolfgang Ritter / Louis C. Jacob
Und manchmal ist weniger mehr – aber nicht weniger an Genuss …
Abende mit großen Menüs und entsprechender Weinbegleitung wie im „Jacobs“ sind für die meisten Menschen nicht die Regel und immer etwas Besonderes. Nach dem besonderen Abend im „Jacobs“ habe ich am nächsten Tag im „Carls Brasserie & Bistro“ an der Elbphilharmonie einen Tisch gebucht. Das „Carls“ gehört ebenfalls zur Jacob Familie und ist seit 2008 ein fester Bestandteil der Restaurantszene in der Hafencity. In der Brasserie sitzt man auf bequemen Lederpolstern an deckenhohen Fenstern, mit grandiosem Blick auf die Elbphilharmonie und die Elbe.
[wds id=“664″] Fotos: Wolfgang Ritter
Hier gibt es schon ein Menü für 42 Euro, aber weniger Geld bedeutet nicht weniger Genuss!
Wir bestellen die Klassiker aus der Karte und fühlen uns mindestens wie Gott in Frankreich: Fischsuppe mit Sauce Rouille, Croûtons und geriebenem Emmentaler; Rindertatar mit Kräutersalat; Boeuf Bourguignon mit glasierten Zwiebeln und Schnittlauchpüree; Stubenküken im Ganzen mit Gartenkräutern, als Abschluss eine Crème Brûlée. Der Küchenchef aus dem Elsass weiß, was seinen Landsleuten und auch Hanseaten schmeckt – Chapeau Monsieur Rinkert.
[wds id=“666″] Fotos: Wolfgang Ritter
Wer es mittags eilig hat, nimmt im Bistro an hohen Tischen Platz. Auffallend viele seriöse Anzugträger sitzen hier beim Glas Wein und einer saftigen Quiche. Ich vermute hungrige Nachbarn aus den umliegenden Büros, Banken, Kanzleien und Kontoren – Bordeaux und Burgund schlagen Brexit.
[wds id=“667″] Foto: Wolfgang Ritter
Hotel Louis C. Jacob / Jacobs
Elbchaussee 401-403
22609 Hamburg
+49 40 822550
restaurant@hotel-jacob.de
www.hotel-jacob.de
Carls an der Elbphilharmonie
Am Kaiserkai 69
20457 Hamburg
+49 40 300322400
carls@carls-brasserie.de
www.carls-brasserie.de