Hamburg
Vor wenigen Wochen sagte Johann Lafer in einem Telefonat zu mir: „Du musst zu dem Rüffer in Hamburg, der kocht sensationell, der kriegt sicher bald den dritten Stern“. Ein tolles Kompliment von einem prominenten Kollegen. Christoph Rüffer hat aktuell zwei Michelin Sterne, der Restaurantführer Gault Millau kürte ihn 2015 zum Koch des Jahres. Ich war vor 14 Tagen da, und Johann hatte recht! Was mir das Jahr 2016 an kulinarischen Ereignissen auch noch bringen wird, das Menü bei meinem Besuch im „Haerlin“ bei Christoph Rüffer im Hotel Fairmont Vier Jahreszeiten in Hamburg war ein absolutes Highlight. Ich kenne ihn schon seit fast 20 Jahren. Schon 1999 als er im Fährhaus Munkmarsch auf Sylt kochte, war er mir damals eine Erwähnung in BUNTE wert. Seit 2002 ist er Küchenchef im „Haerlin“ im noblen Fairmont Vier Jahreszeiten und man darf gespannt sein, in welche kulinarische Zukunft sein Weg noch führt. Ins Fernsehen in eine der vielen Kochshows sicher nicht – er agiert lieber in seiner Küche als im Aufnahmestudio. Das hat er mit seinem Lehrmeister Harald Wohlfahrt (Deutschlands bester Koch), sicher gemeinsam.
Und das spürt man: Seine ganze Energie und Kreativität können nur die Gäste des „Haerlin“ exklusiv erleben.
[wds id=“673″] Fotos: Wolfgang Ritter / Guido Leifhelm / Vier Jahreszeiten
Schon die Bezeichnung seiner Menüs ist ungewöhnlich: „Aromenbehandlung“ und „Gaumenparty“. Während ich bei den meisten Köchen mit leichtem Stirnrunzeln reagiere, wenn sie mehr als vier oder fünf Aromen in einem Gericht verwenden, so ergeben sich bei Christoph Rüffer in der subtilen Kombination der Zutaten plötzlich neue, noch nicht erlebte Geschmackserlebnisse. Die Freude und Empfindungen meiner Geschmackspapillen steigern sich zum Tanz der Aromen auf der Gaumenparty (Ahaa! Jetzt wird mir einiges klar!). Bei Christoph Rüffer kommen Produkte und Kräuter zum Einsatz, von denen die meisten seiner Gäste noch nie etwas gehört, oder sie einmal probiert haben. Wer kennt schon Wiesenportulak, Mädesüß, Schafgarbe, Weizengras, Schildampfer, Sauerklee, Quinoa, Amarant … Das klingt fast wie das Angebot in einem alternativen, vegetarischen Szene-Restaurant, doch davon ist das elegante „Haerlin“ meilenweit entfernt.
Es gehört mit seinem Ambiente sicher zu den ersten Adressen in Deutschland!
Ich durfte an einem Tisch mit Blick auf die Binnenalster Platz nehmen, entschied mich aber dann doch für einen längeren Blick in die Speisekarte. Man reicht mir die Weinkarte, ich versinke in dieselbige, wie auch in die mega bequemen Sessel und freue mich auf den Abend. Doch was bestellen? Auch für einen erfahrenen „Esser“ liest sich das Gebotene spannend bis aufregend. Ich entschied mich für eine Kombination aus den beiden Menüs: Limonen Baiser mit Schildampfer (Vitamin C!) und Ringelbete; Panna Cotta vom geräucherten Ostseeaal mit geeister Topinambur; Lachs mit Miso, Tamarinde und Zwiebelsaft; Gänseleber mit Rote Bete, Holunderblüte und Schwarzkirsche; Kartoffel Crème Brûlée mit Spargel im Schinkensud mit Kaviar; Seeteufel mit Aubergine, schwarzem Rettich und Kräueremulsion; Freilandgockel im Albuferajus mit Erbsenschoten und Ingwer; Rehbockrücken mit Malz, Blumenkohl und Erdbeerfrucht.
[wds id=“674″] Fotos: Wolfgang Ritter
Genial kreierte und köstliche Gerichte, die in ihrer Art auf keiner anderen, mir bekannten Karte zu finden sind.
Beim Dessert wage ich das Experiment: „Wald“ … Was verbirgt sich dahinter? Eine Selektion von Walderdbeeren? Weit gefehlt, es kommt alles ganz anders: Buchweizencrème & Buchweizenespuma; Karamellisierter Buchweizen & Buchweizensand; Apfelvinaigrette & Apfelgel; eingelegter Apfel; Douglasiencrème & Fichtenöl; Waldkaramellchip & Schafgarbe; Apfelgranité. (Übrigens: Zu jedem Gericht gibt es ein Kärtchen mit allen Zutaten, so kann jeder Gast nachvollziehen was er gerade auf Löffel hat). Auch der Süße Salat mit 18! verschiedenen Ingredienzen ist kulinarisches Neuland für viele Gäste … Hier ist der Pâtissier Christian Hümbs vielleicht seiner Zeit voraus, ich möchte seine Kreationen als reduzierte süße Avantgarde bezeichnen. Aber auch die Werke großer Maler wurden in ihrer frühen Phase oft nicht verstanden. Wer immer in die Fußstapfen von Vorbildern tritt, der kann nicht überholen … – eine alte Weisheit. Die Hälfte der Gäste bestellt dann doch ein klassisches, fruchtiges Dessert – wie mir Christoph Rüffer später am Tisch erklärte. PS: Mir haben die Desserts gefallen, vor allem weil sie sehr gut zu meinem Weißburgunder aus der Pfalz gepasst haben – es muss nicht immer ein Dessertwein sein. (Menü ab 145 Euro / DZ ab 275 Euro)
[wds id=“675″] Fotos: Wolfgang Ritter
Wer aber auf Tradition und gediegene Klassik setzt, ist bei meiner nächsten Adresse genau richtig.
Wer nicht in Heidelberg war, der war auch nicht in Europa, so sagen jedenfalls die highspeed reisenden Japaner. Und wer nicht im Fischereihafen Restaurant war, der war auch nicht in Hamburg. So ist die Meinung vieler Touristen, die Hamburg besuchen und das waren immerhin 6,3 Mio. Gäste mit über 12 Mio. Übernachtungen im Jahr 2015. Das oft zitierte „Tor zur Welt“ ist im Fischereihafen Restaurant immer und für alle offen. Aber nicht nur Touristen buchen die gefragten Plätze, auch die Hanseaten und VIP’s aus aller Welt fühlen sich bei Rüdiger und Dirk Kowalke sichtlich wohl. Aber ohne eine Reservierung geht hier so gut wie gar nichts. Seit 35 Jahren führen die Kowalkes diese echte Hamburger Institution! Und das mit konstant guter Küche und vor allem mit viel Herz und Hingabe. 1997 übergab Rüdiger Kowalke das Zepter an seinen Sohn Dirk, der Tradition und Moderne gekonnt verband. Das Geheimnis dieses Familienbetriebes ist sicher die fachliche Kompetenz, die Art der Gastfreundschaft und natürlich die Qualität der Küche – hier kommen nur frische Zutaten und bester Fisch auf den Tisch. Nicht zu vergessen die exzellente Lage mit Panoramablick auf die Elbe.
[wds id=“676″] Fotos: Wolfgang Ritter
Wer bei schönem Wetter einen der 50 Plätze auf der Terrasse ergattert, hat den schönsten Blick auf den Hafen und die vorbei fahrenden Containerschiffe.
Ich hatte einen feuchten Regentag und einen trockenen Fensterplatz mit Blick auf den Hafen erwischt und wurde wie so oft von der Weinkarte abgelenkt: ein trockener Weißburgunder von Joachim Heger aus Baden fand meine Zustimmung und bei einer gastfreundlich kalkulierten Flasche für 38 Euro kann man sich den Tag auch schön trinken. Aber Trinken allein ist nicht mein Ding – vor allem, wenn das Angebot in der Speisekarte so verlockend ist! Die Räucheraalfilets auf Kräuterrührei mit Schwarzbrot sind Pflicht für jeden Gast, der Fischereihafenteller zeigt einen Querschnitt der Vorspeisen, aber auch exotisches wie Sashimi oder Sushi vom Thunfisch brauchen sich vor Steffen Henssler nicht zu verstecken. Das Nordsee-Steinbuttfilet auf Blattspinat mit Ragout von Krustentieren und Kartoffelmus hat Sternequalität und die Probierportion Labskaus mit Spiegelei, Rote Bete und Gabelmops für 9,50 Euro soll sogar den Bayern schmecken. Die Desserts sind klassisch unkompliziert, üppig und gut, vom flinken Service (trotz vollem Haus) schnell an den Tisch gebracht: Rote Grütze mit Rahmeis und Himbeergeist-Vanillesauce, belgische Schokolade mit Honig-Mandel-Eis – auch Altona hat seine süßen Seiten …
[wds id=“677″] Fotos: Wolfgang Ritter
Meine nächsten Adressen in Hamburg:
Karlheinz Hauser im Seven Seas im Süllberg Hotel, Kevin Feeling, The Table in der Hafen City, Heinz Otto Wehmann im Landhaus Scherrer, Ali Güngörmüs im Le Canard Nouveau, Wahabi Nouri im Piment.
Haerlin im Fairmont Hotel Vier Jahreszeiten
Neuer Jungfernstieg 9-14
20354 Hamburg
+49 40 34943310
gastronomie.hvj@fairmont.com
www.restaurant-haerlin.de
Fischereihafen Restaurant
Große Elbstraße 143
22767 Hamburg
+49 40 381816
info@fischereihafenrestaurant.de
www.fischereihafenrestaurant.de