München
Wo man in diesen Tagen im Gastronomie-Kosmos auch hinblickt, stets geht es um neuste Trends, die scheinbar eine weitere Steigerung in der Küche garantieren. Algen, die im Mund explodieren, werden in fragwürdigen TV-Shows auf Steinen garniert und beklatscht. Trotz 19 Punkten im Gault Millau und 3 Sternen im Guide-Michelin präsentiert sich mancher im privaten TV. Ein Zeitgeist, den Gourmets und auch Profis wie 3 Sternekoch Harald Wohlfahrt (Traube Tonbach, Baiersbronn) immer kritischer sehen und in Frage stellen! Wohlfahrt zum TV-Koch-Hype: „Eine zweischneidige Sache. Sie sorgt für mehr Aufmerksamkeit, verleitet aber auch zu qualitativ fragwürdigen Spektakel-Kochen. Es ist fatal, wenn das Berufsbild veralbert und verzerrt wird.“
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Ein heiß diskutiertes Feld, das uns gerade beim Besuch des Münchner Sofitels mit Gourmets aus Stuttgart ins Gespräch kommen ließ und intensiv beschäftigte. Die Nähe der Tische und die Spannung auf das Menü machten dies möglich. Unsere Runde freute sich jedenfalls fernab vom TV in das Mutterland der Gastronomie, Frankreich, zu blicken und zu schmecken. Bocuse-Nachfolger Christophe Muller hatte in seinem Ferrari von Lyon reichlich (eingelegten) Trüffel für das intensive Jus und „La soupe aux Truffes V.G.E.“ mitgebracht, um erstmals gleich mehrere Tage in der „Délice La Brasserie“ mit dem kreativen Chef de cuisine Anton Gschwendtner ein sieben gängiges 3-Sterne-Menü mit herrlichen Klassikerin von Jahrhundertkoch Paul Bocuse in München zu kredenzen. Was für ein weiteres Ausnahme-Erlebnis! Seit 2011 leitet Muller das Restaurant „L’Auberge du Pont de Collonges“, das seit 1965 drei Sterne im Michelin ziert, keine andere Restauration hat dies je erreicht. Eine lobenswerte Initiative von Sofitel, Muller nun erstmals als Gastkoch in die bayerische Landeshauptstadt einzuladen, mit der das französisch geprägte Haus nun einen Traumstart der Gourmet-Serie „The Link“ hinlegte!
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Der Label Rouge Lachs, bei 44° im sous vide Verfahren gegart, an Skandinavischer Sauce mit einem 2014 Château Mont-Redon, Châteauneuf du Pape, Rhône brachte uns gleich hinüber nach Lyon zu einem extrem guten Klassiker, der die Koch-TV-Effekte vergessen ließ! Üppig die Gebratene Stopfleber auf Balsamico Essig mit Grapefruit, spätestens hier waren die äußerst kritischen Nachbarn auch in Frankreich angekommen, bevor uns ein glasierter Hummer, Puilly Fuissé und Kaviar weiter im Burgund fesselte! Diesen im Martiniglas serviert, konnte man den Schick und Luxus der 1970er Jahre stilecht nach empfinden, irgendwie aus der Zeit gefallen, aber eben eine alte Zeit, die unverwechselbar bleiben wird.
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1975, in diesem längst verblassten Jahr, gab es z.B. im Pariser Élysée-Palast noch einen informellen Kontaktmann mit Spitznamen „Monsieur Afrique“, der mit Geldkoffern die Interessen der République in Schwarzafrika effizient auf dem kurzen Dienstweg regelte. In dieser Zeit also schlug der damalige Staatspräsident Valéry Giscard d’Estaing, die bereits damalige Legende Paul Bocuse zum Ritter der Ehrenlegion. Ein außergewöhnlicher Anlass, den Bocuse nutzte mit den ersten Köchen des Landes, wie Paul und Jean-Pierre Haeberlin, Michel Guérard und Jean Troisgros ein Menü zu kreieren, das etwas ganz Besonderes beinhaltete: Die schwarze Trüffelsuppe V.G.E., benannt nach dem Staatspräsidenten. In der ‚Délice la Brasserie‘ ließ 3 Sternekoch Christoph Muller diese museale Gaumen-Erinnerung Realität werden. Die Consommé mit je 10 Gramm Trüffel, deren intensiver Duft nach Durchstoßen der Blätterteigkruste sofort in die Nase strömte, mit etwas Stopfleber und Rindfleisch, ist auch heute weiterhin auf der Speisekarte in der „Auberge du Pont de Collonges“ zu finden. Einmalig im Sofitel umgesetzt, merci!
Ein Blick in die Kulissen bei Paul Bocuse im youtube-Video:
Wer den Höhepunkt des Abends nun hinter sich wähnte, wurde erneut auf sehr angenehme Weise erfreut: Das Rotbarbenfilet mit Kartoffelschuppen dazu ein 2012 Marchesi de Frescobaldi, Pomino Bianco Riserva, Toskana, an einem unvergesslichen Jus mit Orange, setzte Chef de cuisine Anton Gschwendtner nach Mullers Anleitung hervorragend um, das ihn eindeutig für höhere Kochweihen im Michelin empfiehlt! Auch auf den Punkt gebracht die Feuillette von der Taube, erneut mit Stopfleber und Wirsinggemüse rundete mit einem 2008 M. Chapoutier, Côte Rôtie, Rhône ein phänomenales Highlight ab, bevor wir uns wieder von Lyon nach München verabschiedeten. Anzumerken bleibt auch die treffsichere und sehr gut ausgewählte Weinbegleitung vom jungen Sommelier Markus Hirschler, die er eigenständig zusammengestellt hatte und ohne Beanstandungen von Lyon autorisiert wurde, chapeau! Im Oktober geht „The Link“ mit 3 Sternekoch Emmanuel Renaut in die nächste Runde, keine Steigerung wie im TV, sondern ein weiteres Gourmet-Erlebnis, dem wir sehr zuversichtlich entgegen blicken!
Délice La Brasserie
Bayerstrasse 12
80335 München
+49 89 599 480
info@delice-la-brasserie.com
www.delice-la-brasserie.de