Castello
Manche schwer definierbaren Stimmungen sind Gott sei Dank unsterblich und finden auch im Zeitalter von Smartphones und Co ihre Nischen. Dass die urige Gemütlichkeit, die ein Restaurant oder wie in diesem Fall eine Trattoria vermitteln kann, noch dazu in einer sehr auf Tagestouristen geprägten Stadt wie Venedig zu finden ist, erfreut einen gleich doppelt. Der Wunsch des Gastes, auch nach dem Essen einfach sitzen zu bleiben, vielleicht auch bis zur immer wieder verschobenen, aller allerletzten Sperrstunde, ist jedenfalls ein untrügliches Anzeichen dafür, den perfekten Ort des Rückzugs gefunden zu haben. Der Venezianer Claudio Proietto entdeckte einst in den engen und verwinkelten Gassen des Castello Viertels seiner Heimatstadt einen Ort, der seinem Geschmack entsprach.
Der Stadtarchitekt von Venedig wollte seinem privaten, leidenschaftlich und oft nachgegangenem Hobby, den großen Freundeskreis zu bekochen, hauptberuflich ergreifen. Oftmals hatte er zuvor Ärger mit seinem Arbeitgeber, der Stadt bekommen, weil die Feste allzuviel Zeit in Anspruch nahmen. Kurzentschlossen hängte er die Beamtenkarriere an den historischen Holz-Nagel seines repräsentativen Büros. Sein realisierter Lebenstraum, das in der Wasserstadt für Touristen schwer zu findende Corte Sconta, wurde sofort zum In-Treff für lokale Genussmenschen (wie Francesco Dal Co), länger verweilende und eingeweihte Liebhaber Venedigs (z.B. Marcello Mastroianni, Luigi Nono) – und lokale wie auch Politiker aus Rom.
[wds id=“327″]
Mit dem schlicht gehaltenen, aber trotzdem warmen Einrichtungsstil – viel dunklem Holz – traf Claudio Proietto ins Schwarze. Dazu der versteckte Innenhof (Corte Sconta) der Trattoria, in dem noch noch heute der über 100 Jahre alte Wein Reben treibt, der im Sommer als natürliches Schattendach für die Aussentische dient. Proiettos Rezepte stammten vor allem aus dem Kreis seiner Familie, zu der eine Vielzahl von Gourmets und Köchen gehörte. Und weil ihn diese auch in seiner Trattoria tatkräftig unterstützte, konnte er sich nach getaner Arbeit zum Kartenspielen mit seinen Freunden an die Tavola di Chef zurückziehen.
Als Proietto plötzlich verstarb, führten seine Frau Rita Luccini und seine Schwägerin Lucia Zambon mit der gleichen Leidenschaft die Regie weiter. Zambon: „Wir teilen uns die Arbeit, ich tagsüber, meine Schwester Abends. Eine von uns beiden ist immer in der Corte Sconta.“ Meeres- und Fischgerichte stehen im Vordergrund. Die Pasta wird noch selbst gemacht wie bei Mamma Mia, das Brot ebenso. Alles ist ehrlich, echt und wirklich einmalig. Schon beim maritimen Vorspeisenteller weiss man, dass man richtig sitzt und bleiben will. Trotz des optischen Angebots, das Venedig draußen bietet.
[wds id=“328″]
Trattoria Corte Sconta
Calle del Pestrin
Castello, 3886 – 30122 – Venezia
+39 041 5227024
cortescontavenezia@gmail.com
www.cortescontavenezia.it