Rom wurde der Sage nach am 21. April 753 vor Christus gegründet, was jedes Jahr gefeiert wird. Auch ich habe – nicht der Sage, sondern meiner Geburtsurkunde nach – am 21. April Geburtstag (viele Jahre nach Christus) – meine Liebe zu Rom steht quasi in den Sternen. So besuche ich seit vielen Jahren die „ewige Stadt“, mit ihrer monumentalen historischen Architektur und prachtvollen Palästen. Natürlich auch den Petersdom und den Vatikan nach der BILD-Titelzeile vom 20. April 2005 „Wir sind Papst“, als Kardinal Joseph Ratzinger zum Papst Benedikt XVI. gewählt wurde. Aber nicht nur über die himmlischen Weihen durfte er sich freuen, er war auch ein Freund der irdischen Genüsse. So feierte er seinen 70. Geburtstag im Restaurant „La Pergola“ von Heinz Beck, als er noch als Kardinal Ratzinger firmierte und weniger Bodenpersonal hatte.
Der Deutsche Heinz Beck wurde 2006 als erster und einziger Koch in Rom mit drei Michelin Sternen ausgezeichnet. Er ist der beste Koch Italiens und gilt als einer der besten Köche der Welt (gourmino-express.com/Beck). Seine Kompositionen sind Avantgarde, kreativ, ungewöhnlich, auch für erfahrene Feinschmecker immer wieder überraschend: Gegrillter Tintenfisch mit geräuchertem Essig-Gel, Seebarsch mit gegrilltem Fenchel und Pistazien-Creme, Entenstopfleber mit Kaki, kandierten Aprikosen und mildem Mandelnougat (10 Gänge 290 Euro).
Aber auch ein anderer deutscher Koch in Rom erhielt schon vor Jahren zwei Michelin-Sterne im Restaurant Aldrovandi in der Villa Borghese. Heute steht Starkoch Oliver Glowig in seiner Locanda Petreja im romantischen Borgo Petroro in Umbrien am Herd. Das Ziel ist natürlich wieder ein Michelin-Stern. In Rom dürfen sich aktuell 17 Gourmet-Restaurants mit mindestens einem Michelin-Stern schmücken. Die traditionelle römische Küche glänzt ja nicht gerade durch Raffinesse, sie ist eher schlicht, optisch wenig attraktiv, doch der Geschmack ist wirklich überzeugend.
Die ursprüngliche Arme-Leute-Küche gehört heute zum Repertoire fast jeder Trattoria und jedem Restaurant. Wer keine Innereien mag, sollte seine Abneigung überwinden – die Trippa alla romana, also die Kutteln vom Milchkalb können eine kulinarische Offenbarung sein. Artischocken sind der Klassiker auf vielen Speisekarten, die Rezepte haben ihren Ursprung im jüdischen Ghetto – Carciofi alla Giudìa.
Auch die Spaghetti Carbonara schmecken im Viertel Trastevere anders als in Deutschland – auf Sahne wird hier verzichtet. Bucatini alla Amatriciana stammen eigentlich aus Amatrice (in der Nähe von Rom) mit einer Sauce aus Tomaten, Weißwein, Peperoncino, Speckwürfeln und Pecorinokäse. Porchetta ist nichts anderes als römischer Schweinebraten mit Kräutern.
Die Supplì fallen eher unter die Rubrik Streetfood: Eine Kugel, geformt aus klebrigem Reis, Fleischragù und Mozzarella, paniert und frittiert. Cacio e Pepe, das einfachste aller Pastagerichte: Spaghetti mit Pecorino Romano, schwarzem Pfeffer und etwas salzigem Pastawasser. Nicht zu vergessen den Coda alla Vaccinara, lange geschmorter Ochsenschwanz mit einer Selleriesauce. Pizza ist, wie überall in Italien, fester Bestandteil der römischen Küche, wobei sie anders schmeckt als in Neapel. Sie ist dünner, knuspriger, hat einen niedrigen Rand und wird länger gebacken als ihre Schwester aus Neapel. Sie hat einen weichen Teig, der Rand, das Gesims, ist höher und elastischer, das Backen im Holzofen dauert höchstens 90 Sekunden bei einer Temperatur von fast 500 Grad Celsius. Für den Belag gibt es unendlich viele Varianten, die bekannteste ist sicher die Pizza Margherita mit Tomatensugo und Mozzarella.
Meine beste Pizza habe ich in Neapel bei „Brandi“ gegessen (gourmino-express.com/Neapel). Aber auch die Pizza, die in der Trattoria „Il Tettarello“ in Rom auf den Tisch kommt, verdient ein besseres Lob als „lecker“ sie war wirklich ausgezeichnet. Da ich mir Mies- und Venusmuscheln für 8 Euro und Tagliolini mit Hummer für 13 Euro bestellt hatte, musste ich die Pizza Margherita vom Nachbartisch probieren. Die gut gelaunten Gäste bestanden auf einer Kostprobe und einen Grappa, den das Haus spendierte – so funktioniert Völkerverständigung.
Geradezu begeistert war ich im Armando al Pantheon. Den Tip hatte ich von Heinz Beck bekommen. Hier lässt er sich hin und wieder bekochen, um bei einer Flasche Wein die Wurzeln der römischen Küche nicht austrocknen zu lassen. Köstlich die Fettuccine con le „regaje“ di Pollo, mit einer Tomatensauce und Innereien vom Huhn: Herz, Leber, Lunge und natürlich Parmesan Käse.
Trippa alla Romana (Kutteln, s.oben) mit Tomatensauce, Pecorinokäse, schwarzem Pfeffer und Minze, ein klassisches, einfaches Gericht, aber raffiniert zubereitet. Das knusprige Brot kommt warm in einer Tüte auf den Tisch, wer damit die pikante Sauce nicht auftunkt, hat die römische Küche nicht verstanden. Ganz anders die Atmosphäre im AD HOC in der Via di Ripetta, Nähe Piazza del Popolo.
Eine Kombination zwischen elegantem Restaurant und schicker Vinothek (Enoteca). In den gemütlichen Sitzecken zwischen den Weinregalen verkostet man die besten Weine Italiens. Dominant die Produkte des toskanischen Weingiganten Frescobaldi wie den hervorragenden Luce della Vite, eine seltene Cuvée aus Sangiovese und Merlot. Nach einer Idee von Vittorio Frescobaldi und Robert Mondavi, der Legende aus dem Napa Valley in Kalifornien.
Aus der Küche kommen schöne Teller ohne dass der Geschmack vernachlässigt wird. Die Michelin-Sterne Ambitionen des Chefs sind durchaus berechtigt. Ungewöhnlich in Italien: Pappardelle mit Miesmuscheln und Pecorino-Käse, 13 Euro. Ein weiterer Favorit meiner kulinarischen Exkursion ist die Trattoria „Da Danilo“ in der Via Petrarca 13. Hier geht ohne Reservierung fast nichts. Versuchen Sie einen Tisch im Restaurant und nicht im Keller zu bekommen. Trotz Presseausweis saß ich dann doch eine Etage tiefer, was aber meiner Freude am Essen keinen Abbruch tat.
Auf der Speisekarte die gesamte Palette der römischen Klassiker. Natürlich probierte ich die Ravioli mit Artischocken, die Tonnarelli Cacio e Pepe, die Polpette di Manzo (Fleischpflanzerl) in Tomaten Sauce, den wunderbar zarten und aromatischen Lammbraten mit Tomaten, Minze, Oliven und Pecorino-Käse, das Rinderfilet mit Steinpilzen aromatisch und auf den Punkt gebraten, für 22 Euro ein Schnäppchen.
Auch hier fällt mir wieder auf: An allen Tischen nur gut gelaunte Menschen. Es wird gelacht, diskutiert und gestikuliert. Gemeinsam Essen ist hier nicht nur Nahrungsaufnahme, es erfüllt eine wichtige sozial-kommunikative Komponente zwischen den Menschen – miteinander genießen und leben.
Wer den Campo de Fiori (Blumenmarkt) besucht, kommt am „Roscioli“ nicht vorbei. Hier sollte man einen Tisch am Mittag reservieren. Eigentlich ist das „Roscioli“ ein Delikatessengeschäft und Weinhandlung mit einer Bar und einigen Tischen. Das Angebot von Schinken (Parma, San Daniele, Jamon Iberico) und Käse in der Vitrine macht Laune und Appetit.
Die Ravioli gibt es hier auch mit Gänseleber-Sauce und Feigen, der geschmorte Ochsenschwanz mit Fonduta di Cacio e Pepe gehört zu meinem kulinarischen Pflichtprogramm. Vom Weinangebot wird man fast erschlagen, in den Regalen warten die besten Tropfen auf ihre Bestimmung die Gäste glücklich zu machen – Salute!
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