Berlin
Der bisherige Lebensweg von Joschka Fischer verlief in vielerlei Hinsicht spektakulär. Neben dem politischen Aufstieg zum Vize-Kanzler und Außenminister Deutschlands entwickelte sich auch seine kulinarische Karriere prächtig. Daher traf sich GOURMINO EXPRESS im Berliner Restaurant “Vau“ von Kolja Kleeberg zu einem Essen und Gespräch über prägende Erlebnisse im Leben des bekennenden Gourmets.
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Zu Beginn wird Salat vom Spanferkel mit gegrilltem Spitzkohl und havelländischem Hanföl serviert. Fischer: “Einfach Köstlich.“ Essen ist für Joschka Fischer eine umfassende Veranstaltung. Er genießt und zelebriert es. “Manchmal gehe ich sogar alleine in ein Restaurant und lese dabei ein gutes Buch. Das ist für mich ein entspannender Genuss“. Für Fischer ist Essen das zentrale kulturstiftende Element in der Menschheitsgeschichte überhaupt. “Jede gute Party beginnt und endet schließlich in der Küche. Das war schon immer so.“ Exklusive Einsichten in die Bedeutung von Speis und Trank im internationalen Vergleich konnte Fischer freilich auf seinen Dienstreisen als Außenminister auf dem diplomatischen Parkett sammeln. Für seine bevorzugte Destination musste er allerdings keine weiten Wege in Kauf nehmen. “Am liebsten reiste ich als Außenminister nach Frankreich, da konnte man sich immer auf das beste Essen verlassen. “ schmunzelt er. “Ein Staatsessen wird in Frankreich auch für ein paar hundert Gäste auf höchstem Niveau ausgerichtet und der Küchenchef des Elysee gilt als erster Koch des Landes“. Bei der Poularde en demi-deuil – dem Huhn in Halbtrauer – kommt bei Fischer große Freude auf. Trüffelscheiben liegen bei dieser französischen Delikatesse unter der Haut.
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Leider konnte Fischer Gegeneinladungen nach Deutschland nicht ganz so opulent ausrichten. Fischer: “Das wäre politisch nicht durchsetzbar gewesen, medial auch nicht.“ In Italien dagegen wurde Fischer bei Staatsempfängen kulinarisch eher enttäuscht. Fischer: “Ich liebe die gute italienische Küche, die eigentlich eine verfeinerte Bauernküche ist, aber die bekommt man bei Staatsbesuchen leider nicht serviert. Daher bin ich einmal mit meinen Mitarbeitern von einem Nato-Gipfel in Florenz nach dem gemeinsamen Essen in meine Lieblings-Osteria gefahren.“ Auch in entfernteren Regionen wird bei Staatsbanketten selten die eigene regionale Küche präsentiert. “In Südostasien meinte man damals zum Beispiel mit europäischem Essen die Gäste beeindrucken zu wollen. Zum zähen Steak gab es Bohnen aus der Dose. Lecker dagegen die Piri-Piri Sauce in Ruanda, höllisch scharf, sie hat mir fast meine Schädeldecke abgehoben.“ Wenigstens bei den kulinarischen Gastgeschenken hatte Fischer seine Freude. “Ein großes Glas eingelegte Chilis, das ich in Brasilien bekommen habe, bereitete mir noch ein Jahr lang zu Hause in Berlin Freude.“ Fast hätte sich Italien-Fan Fischer nach dem Ausscheiden aus der Regierung ein Haus in der Toskana gekauft. Fischer: “Das war eigentlich für lange Zeit mein Traum.“ Inzwischen ist er froh über seine Entscheidung, sich in Berlin fest niedergelassen zu haben. Hier fühlt er sich auch gastronomisch sehr wohl. Der Weg zum weitgereisten Gourmet nahm für Joschka Fischer den gleichen Anfang, wie bei den meisten Sterneköchen: bei seiner Mutter. “Wir waren ja als Heimatvertriebene arme Leute. Aber da mein Vater Metzger von Beruf war, gab es immer Fleisch auf dem Tisch.“ erinnert sich Fischer an seine Kindheit im schwäbischen Langenburg beim Hauptgang. Serviert wird rosa gebratener Rücken vom Maibock mit Spätzle, karamelisiertes Rieslingkraut und Morchelrahm. Dazu ein Nuits-Saints-Georges von 2009. Fischer: “Ganz hervorragend.“
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Auch die donauschwäbischen Gerichte seiner Mutter lassen seine Augen noch heute strahlen. Die Wiener Schnitzel, das Szegediner Gulasch und vor allem die süßen Mehlspeisen. “Wenn mir meine Mutter einen Strudel oder einen Kaiserschmarrn brachte, ging es mir gleich wieder gut.“ erzählt er. Seine ersten Erfahrungen mit Wein lassen hingegen bei ihm die Mundwinkel hängen. “Zu Hause war für meinen Vater der “Kalterer See“ das Non plus ultra beim Wein. Mein Einstieg in diese Materie war aber meine Zeit als Messdiener.“ Gutes Essen war für Joschka Fischer immer wichtig, seinen Feinschliff erwarb er sich aber erst während seiner WG-Zeit in Frankfurt. Damals lebte er mit fünf Männern in einer Wohnung, in der neben politischer Debatten auch die Küchenkultur besonders gepflegt wurde. Fischer: “Wir kochten in diesem ‚kulinarischen Flügel‘ der Spontis oft selbst und da wir internationale Hintergründe hatten, gab es auch viel französischen Einfluss auf dem Speiseplan. Lammkotelett mit grünen Bohnen war damals zum Beispiel eine neue Erfahrung, auch Schnecken kamen auf den Tisch. Hinter das Geheimnis einer hervorragenden Sauce für Pasta bin ich damals auch gekommen.“ Bis heute pflegt Fischer diese Leidenschaft fürs Kochen, auch wenn er sich heute die frische Sauce manchmal in einer italienischen Berliner Nudelbäckerei holt und dann anschließend verfeinert. Für monatliche Restaurantbesuche sparte sich der “kulinarische Flügel“ eigens ein Budget zusammen. Noch heute besucht er einige dieser Frankfurter Restaurants. Und Fischers 36-jähriger Sohn, der im Berliner Regent Hotel seine Kochausbildung absolvierte, geht nun mit Joschka Fischers Enkel dort Essen. Der gute Geschmack und die große Liebe zur Küche bleibt also in der Familie.
Erfahren Sie mehr über den Gourmet Joschka Fischer hier in BUNTE!
Restaurant VAU
Jägerstraße 54/55
10117 Berlin
+49 30 2029730
restaurant@vau-berlin.de
www.vau-berlin.de